Auch wenn es total irre klingt: Es geht so weit, dass es
sich bei einigen Stellenanzeigen sogar nur um komplette Täuschungen handelt.
Anzeigen gleich in mehreren überregionalen Tageszeitungen,
in denen sich das Unternehmen selbst bejubelt, sind oft Teil einer
Imagekampagne. Das kann darauf hinweisen, dass die ausgeschriebenen Stellen gar
nicht existieren.
Denn klar ist: Wer Stellen zu besetzen hat, dem kann es
nicht schlecht gehen. Und genau das sollen die Fake-Anzeigen verdeutlichen. Ob
die ausgeschriebenen Stellen irgendwann besetzt werden, überprüft letztlich
niemand.
Größe, Gestaltung, Erscheinungsmedium – 10 Dinge, die
Job-Sucher bei Anzeigen stutzig machen sollten:
Wie oft erschienen?
Recherchieren Sie, ob die Stellenanzeige schon mehrfach
erschienen ist, womöglich Monate zuvor. Das kann dreierlei bedeuten: Entweder
war die Stelle nicht zu besetzen, weil der Arbeitgeber utopische Ansprüche hat.
Oder die Top-Bewerber sind beim Anblick eines Irrenhauses abgesprungen. Oder –
am wahrscheinlichsten – jemand trat den Job an, wurde aber noch in der
Probezeit abserviert. Das kann auf eine ruppige Firmenkultur, auf einen
schwierigen Vorgesetzten und auf wenig Geduld bei der Einarbeitung hindeuten.
Größe
Passt die Größe der Anzeige zur Bedeutung der Firma? Große
Firmen, die kleine Anzeigen schalten, sind oft vom Geiz zerfressen. Seien Sie
sicher, dass eine solche Firma nicht in die Spendierhosen schlüpft, wenn Sie
mehr Gehalt wollen oder eine wichtige Investition für die Zukunft ansteht.
Dagegen können großformatige Anzeigen unbekannter Firmen auf Hochstapelei und
unseriöse Geschäftsmodelle hinweisen.
Erscheinungsmedium
Die Reichweite der Anzeige sagt viel über den Horizont der
Firma aus. Eine Firma, die nur im Stadtblättchen inseriert, denkt nicht über
die eigene Region hinaus. Das wird beim Geschäftsmodell kaum anders sein. Hier
müssen Sie mit starren Strukturen und einer Abwehrhaltung gegenüber neuen Ideen
rechnen. Wenn eine Ausschreibung nur auf der Firmen-Homepage steht, kann ein
Unternehmen knapp bei Kasse sein. Oder ein Knauserverein. Oder nur schlampig
genug, eine schon längst besetzte Stelle nicht aus dem Angebot genommen zu
haben.
Stil und Gestaltung
Je steifer der Schreibstil, je konservativer die Aufmachung,
desto bürokratischer und verbohrter die Firma. Wenn zum Beispiel die „mangelnde
Förmlichkeit der firmeninternen Abwicklungen" gepriesen wird, zählt der
hölzerne Stil mehr als der von ihm transportierte Inhalt. Dagegen wäre die
Formulierung „Wir arbeiten flott und unbürokratisch“ glaubwürdiger. Achten Sie
gezielt auf solche Abweichungen zwischen Form und Inhalt – sie können auf
verschleierten Irrsinn hinweisen.
Headhunter sucht
Eine Firma, die über Headhunter sucht, hat gute Gründe
dafür. Zum Beispiel: Derjenige, dessen Job neu vergeben wird, weiß noch nichts
von seinem Unglück. Oder die Mitarbeiter sollen nicht in Unruhe versetzt
werden, weil der x-te Vorgesetzte in kurzer Zeit bei ihnen aufschlagen wird.
All das lässt ein Klima der Geheimniskrämerei, starres Hierarchiedenken und
mangelnde Wertschätzung der Mitarbeiter befürchten – gerade dann, wenn die
ausgeschriebene Position keinen seltenen Spezialisten oder hochrangigen Manager
erfordert, sondern auch durch ein Eigeninserat zu besetzen gewesen wäre.
Ansprechpartner
Ist ein Ansprechpartner genannt, mit Mail- und Telefondaten?
Werden Sie ausdrücklich eingeladen, sich bei Rückfragen an ihn zu wenden? Falls
keine Kontaktperson, ja nicht mal eine Telefonnummer genannt ist, scheint
dieses Unternehmen direkte Kommunikation für Zeitverschwendung zu halten – erst
recht gegenüber Mitarbeitern, die ihren Arbeitsvertrag schon unterschrieben
haben.
Leistungsgerechtes Gehalt
Das Wort „leistungsgerecht“ verwenden Firmen gerne dann,
wenn das Gehalt eben nicht gerecht ist, sondern allzu sehr von der Leistung
abhängt. Eine solche Formulierung kann der Vorbote eines geringen Grundgehalts,
einer Abhängigkeit von Prämie und Provision sein. Solche Firmen rennen blind
dem Profit hinterher und führen ihre Mitarbeiter nicht mit reizvollen
Tätigkeiten und Zielen, sondern nur mit einem gewedelten Geldschein. Sind die
Arbeit und die Firma denn so reizlos?
Flexibilität
Der Wunsch nach „hoher Flexibilität“ – zumal prominent
betont – kann ein Hinweis sein, dass es in einer Firma drunter und drüber geht.
Pfeift der scharfe Wind einer Restrukturierung durchs Haus? Stehen Fusionen
oder Umzüge an? Wird eine Reisetätigkeit von Ihnen verlangt? Oder ständige
Ortswechsel? Das klingt nach Stress, nach Zickzack-Kurs und nach nur einer
Konstanten: dem Irrsinn.
Teamfähigkeit
Eigentlich selbstverständlich, dass Sie sich als Neue(r) in
ein bestehendes Team einfügen. Wenn die Teamfähigkeit auffallend betont wird,
kann das zwei versteckte Signale beinhalten: Entweder ist dieses Irrenhaus-Team
eine besondere Zumutung und nur mit der Geduld eines Engels auszuhalten. Oder
die Aufstiegswege sind so verrammelt, dass Sie auf ewig das Mitglied eines
Teams bleiben werden – und keins führen dürfen.
Verantwortung
Wird der Wunsch, dass Sie „Verantwortung im hohen Maße“
übernehmen, wie ein Refrain wiederholt? Obwohl es sich nicht um eine leitende
Position handelt? Gut möglich, dass dann Verantwortung auf Sie abgewälzt und
Zeitbomben unter Ihren Schreibtisch gerollt werden. Die wahre
Tätigkeitsbeschreibung kommt in der Anzeige nicht vor: „Sündenbock“.
Und das ist längst nicht der einzige Haken, auf den Job-Suchende
Acht geben müssen. In den Anzeigen überpinseln einige Firmen ganz gezielt ihre
Schwächen.
Der Job von Karriereberatern und Coachs ist es, Bewerber auf
mögliche Risiken einer Firma hinzuweisen. Deshalb studieren sie die kleinen
Symptome des Irrsinns, in dem sie gezielt die Bewerbungsverfahren von Firmen
verfolgten. Eine zentrale Frage ist dabei: Welche Sprache verwenden Unternehmen
in ihren Inseraten?
Das Fazit klingt nach jahrelanger Recherche verheerend.
„Die Gebrüder
Grimm wären stolz auf die deutschen Firmen: So viele Märchen wie in
Stellenanzeigen werden sonst nirgendwo verbreitet. Dabei tragen aber gerade die
unseriösen Vertreter zum Glück so dick auf, dass ein geübtes Auge die Lügen
durchschauen kann. Viele Mitarbeiter halten ihre alte Firma für ein Irrenhaus.
Dennoch steigen sie wahllos bei einer neuen Firma ein. Das ist so, als würde
man vom Löwengehege in den Krokodilsgraben fliehen. Der Firmen-Irrsinn ist wie
ein unregelmäßiges Verb: Er lässt sich immer noch steigern.
Quelle: www.bild.de vom 08.03.2011