Kaum ein Begriff ist so sehr aufgeladen wie der der sozialen Kompetenz. Dahinter verbergen sich oft positive Schlüsselqualifikationen wie Teamfähigkeit, Motivation oder Kommunikationsstärke. Und nicht selten wird soziale Kompetenz von Personalern gar als maßgebliches Einstellungskriterium genannt. Laut einer Studie des Bundesinstituts für Berufsbildung machen sogenannte Soft Skills, und damit eben auch die Sozialkompetenz, rund 40 Prozent des beruflichen Erfolgs aus: Wir arbeiten nun mal nicht alleine... Doch was ist dran an der gefragten Fähigkeit und was zeichnet sie wirklich aus?
Definition: Was ist Soziale Kompetenz überhaupt?
Die vielbeschworene Eigenschaft
zählt zu den sogenannten Social Skills oder auch Soft Skills.
Ihr Vorhandensein ist also im Gegensatz zu einer harten Qualifikation weder durch ein
Abschluss oder durch ein Zertifikat messbar. Vielmehr offenbart sich die
Sozialkompetenz meist erst im Miteinander.
Als Definition des Begriffs wird häufig die Fähigkeit genannt, die
eigenen Handlungsziele mit den Einstellungen und Werten einer Gruppe überein zu
bringen - und damit auch ein Stück weit das Verhalten und die Einstellungen
dieser Gruppe zu beeinflussen. Deshalb wird die soziale Kompetenz gerne auch
mit der sozialen Intelligenz und
sozialen Empathie gleichgesetzt. Wer sie besitzt, ist in
der Lage, bei allen sozialen
Interaktionen gegenüber anderen situationsangemessen und klug
zu agieren. Kurz: So jemand eckt seltener an und wirkt verbindlich - im
doppelten Wortsinn.
Merkmale
sozialer Kompetenz sind meist aber auch
Eigenschaften, wie:
·
Verlässlichkeit
·
Glaubwürdigkeit
·
Einfühlungsvermögen
·
Toleranz
·
Belastbarkeit
·
Frustrationstoleranz
·
Kritikfähigkeit
·
Lernbereitschaft
·
Durchsetzungsstärke
Gerade der letzte Punkt verdient
allerdings ein wenig mehr Aufmerksamkeit, scheint er doch mit dem Rest im Widerspruch zu stehen: Wer sich durchsetzt, wirkt
auf die meisten nämlich so gar nicht sozial kompetent... eher herrisch,
dominant bis arrogant. Ein Fehler!
Zwar ist der Begriff der
Sozialkompetenz zwar fast ausschließlich positiv
besetzt, was für viele - gefühlt - soziale Interationen wie
hitzige Debatten, Argumentationen und Streit irgendwie ausschließt. Tatsächlich
aber gehören auch Auseinandersetzungen regelmäßig zum Zusammenleben dazu,
mehr noch: Im Berufsalltag sind sie geradezu unumgänglich, um aus einer
Vielzahl an Vorschlägen und Ideen die beste Lösung zu destillieren.
Wahrhaft sozial kompetente
Menschen müssen daher über die (seltene) Gabe verfügen, zwei auf den ersten
Blick gegensätzliche Verhaltensweisen
situativ zu kombinieren und
so einzusetzen, dass es ihnen möglich wird, eigene Ziele innerhalb sozialer
Beziehungen zu erreichen, ohne die Beziehung selbst zu gefährden. Oder anders
formuliert: Sozialkompetenz umfasst zwei grundlegende Fertigkeiten...
·
Das Talent zur Kooperation
·
Die
konstruktive Konfliktfähigkeit
Mannschaftssportler sind nicht automatisch teamfähiger
Macht Teamsport wirklich
teamfähig? Immer wieder schmücken Bewerber ihren Lebenslauf mit dem subtilen
Hinweis, dass sie im Verein Fußball, Volleyball, Basketball spielen oder einem
anderen Mannschaftssport nachgehen. Der Subtext: Ich bin kein Einzelkämpfer,
sondern rackere fürs Team, kann mich einfügen und bin obendrein gesellig.
Teamsport als Nachweis für soziale
Kompetenz - doch das
ist ein Irrtum. Ein großer sogar.
Wer Mannschaftssport betreibt,
besitzt nicht automatisch eine höhere soziale Kompetenz. Das ist das Ergebnis
einer Studie der
Hochschule Osnabrück, die damit ein typisches Credo der Personalauswahl
entkräftet. Der Studienautor und Experte für Diagnostik und Personalauswahl
Professor Uwe Kanning stellt darin fest: Einen Zusammenhang zwischen sozialer
Kompetenz und sportlichem Engagement gibt es nicht: "Im Lebenslauf wird die
Angabe, sportlich aktiv zu sein, von vielen Arbeitgebern gern gesehen und gilt
als Indikator für soziale Kompetenz. Es gibt aber keinen Hinweis darauf, dass
Mannschaftssportler teamfähiger sind als Einzelsportler."
MANNSCHAFT ODER EINZELSPORT MACHT
KEINEN UNTERSCHIED
Insgesamt 360 Probanden füllten
für die Untersuchung einen Fragebogen aus, bei dem ihre sozialen Kompetenzen
gemessen wurden und ob sie sportlich aktiv sind – entweder in einer Mannschaft
oder in einer Einzelsportart. Beim anschließenden Abgleich mit einer
sogenannten Normstichprobe von 4000 Menschen ließen sich jedoch keinerlei
signifikante Unterschiede feststellen. Oder kurz: Sportler unterscheiden sich
in keiner Weise von Menschen, die keinen Sport treiben - jedenfalls nicht im
Hinblick auf ihre Teamfähigkeit.
Der Wirtschaftspsychologe rät
Unternehmen daher, bloß keine Bewerber auszuladen, nur weil im Lebenslauf der
Hinweis auf irgendeine Mannschaftssportart fehlt, Kanning: "Das kann eine klare
Fehlentscheidung sein. Und angesichts der in vielen Branchen insgesamt
schrumpfenden Auswahl an Bewerbern sollten Personaler nicht voreilig
handeln."
Soziale Kompetenz - ein wichtiger Karrierefaktor
Um es mal ganz deutlich zu sagen:
Wer sozial kompetent ist, muss deswegen kein besserer oder durchweg
sympathischer Mensch sein. Das ist zwar eine wünschenswerte Entwicklung, in der
Regel aber auch ein naiver Wunsch. Denn natürlich sind auch Anführer mafiöser Organisationen,
Trickbetrüger oder Diktatoren in höchstem Maß sozialkompetent - anders hätten sie es wohl kaum
geschafft, so viel Macht und sozialen Kredit auf sich zu vereinen. Nur führt
das im Anschluss dann häufig auch zum Missbrauch der Macht. Aber das ist eine
andere Geschichte...
Die Negativbeispiele zeigen aber
zugleich: Soziale
Kompetenz ist ein wesentlicher Karrierefaktor - egal, in welchem Beruf und in
welcher Profession. Die beste Qualifikation, alles Wissen und Können nutzen
wenig bis nichts, wenn man andere davon nicht überzeugen oder damit begeistern
kann. Beruflicher Erfolg entsteht eben doch erst im Zusammenspiel einzelner Gruppen und individueller
Interessen, die es geschickt zusammen zu führen gilt.
Erste Hinweise, ob Sie diese
Fähigkeit besitzen, können Ihnen zum Beispiel diese Aussagen liefern:
·
Ich
finde leicht neue
Freunde - auch im
Kollegenkreis.
·
Es
fällt mir leicht, die Motive anderer zu verstehen.
·
Ich
kann andere gut motivieren
und überzeugen.
·
Ich
kann andere kritisieren, ohne diese zu
kränken oder zu demotivieren.
·
Ich lobe öfter als ich negatives Feedback gebe.
·
Mir
fallen Gemeinsamkeiten mehr auf als Trennendes.
·
Ich vertrauen anderen gerne und gebe auch gerne
Verantwortung ab.
·
Ich
kann mich gut mit Kompromissen abfinden.
·
Ich
muss in Diskussionen nicht das letzte Wort haben.
·
Ich
kann meine Interessen gut denen des Teams unterordnen.
Je häufiger Sie den obigen
Aussagen - ehrlich - zustimmen konnten, desto sozialkompetenter sind Sie
wahrscheinlich auch. Allerdings sollten Sie dies über einen längeren Zeitraum
hinweg beobachten und beurteilen. Wer sich nur "mal"
mit Kompromissen abfinden kann oder nur manchmal die Motive anderer versteht,
besitzt zwar gute Anlagen, aber vielleicht noch keine wirkliche Kompetenz.
Selbsttests: Wie sozialkompetent bin ich?
Haben Sie Lust auf einen kurzen Selbsttest zum Thema? Dann klicken Sie sich doch
durch unsere kurzen Fragebögen (mit Auflösung):
So beweisen Sie soziale Kompetenz
Reden können ist vielleicht die
zentralste Fertigkeit, um soziale Kompetenz zu beweisen. Ob in den Gesprächsphasen
des Vorstellungsgesprächs, im Meeting oder beimSmalltalk - wer viel sagt, muss deswegen
allerdings noch nicht gut kommunizieren können.
Kommunikationsstärke offenbart sich eben nicht nur in
Eloquenz, sondern auch im...
·
Verstehen
und Verständnis zeigen
·
Vermitteln
und Erklären können
All diese Kompetenzen lassen sich
zum Glück lernen und trainieren. Je ausgeprägter sie vorhanden sind, desto
souveräner, selbstbewusster und charismatischer wirken
diese Menschen. Sie müssen nichts und niemandem mehr etwas beweisen, sondern
können sich ganz sachlich auf den anderen einlassen.
So mancher Personaler provoziert
sein Gegenüber daher auch schon mal mit kniffligen Fangfragen,
um zu sehen, wie der Kandidat reagiert: Bleibt er ruhig und respektvoll?
Setzt er sich mit der Frage (und den Argumenten) sachlich auseinander, geht
darauf ein - ohne jedoch persönlich zu werden? Letztlich geht es darum,
durchaus eine eigene Meinung zu haben und diese auch zu vertreten, womöglich
sogar damit zu überzeugen, aber auch genug Toleranz
gegenüber Andersdenkenden zu
beweisen.
Soziale Kompetenz lässt sich aber
auch an einigen anderen Stellen beweisen. Zum Beispiel so:
·
Zuverlässigkeit.
Halten Sie immer, was Sie
versprechen und versprechen Sie nie mehr, als Sie halten können. Alles andere
führt zu Produktenttäuschung - und schadet Ihrer sozialen Reputation, dem
sprichwörtlichen Nachruf.
·
Hilfsbereitschaft.
Güte und Hilfsbereitschaft wirken
wie ein Boomerang: Sie sind ein Dokument von Kompetenz und Fürsorge, von
Engagement und Empathie, von reichhaltigem Wissen und großem Erfahrungsschatz.
Letztlich beweist der Hilfsbereite, dass er eben auch den anderen und dessen
Bedürfnisse im Blick behält. Und nebenbei macht
Hilfsbereitschaft auch noch gesund.
·
Lernwille.
Lernen Sie von anderen und durch
andere. Genialität beweisen Sie nicht, indem Sie vorgeben, alles zu können.
Keiner kann das. Nehmen Sie Rat an, lernen Sie aus den Erfahrungen anderer -
und geben Sie das Wissen ihrerseits weiter. Damit beweist auch, wer Wissen
teilt, indirekt soziale Kompetenz.
·
Geduld.
Als Teil der Selbstkontrolle und
Frustrationstoleranz ist Geduld eine
zentrale Kerntugend. Wissenschaftler sind sich heute einig: Neben Intelligenz
und Talenten ist das Abwarten könnenein wesentlicher Schlüssel für den beruflichen
und Lebenserfolg. Wer spontanen Impulsen widerstehen kann und bei Niederlagen gelassen bleibt, verdient meist mehr, lebt gesünder und ist
obendrein glücklicher.
·
Selbstreflexion.
Fachwissen, strategisches Denken,
praktische Erfahrungen – daran mangelt es heute kaum einem Berufseinsteiger.
Zur Entwicklung, auch der sozialen, ist aber Selbstreflexion unerlässlich.
Sozial kompetente Menschen nutzen daher ihre freie Zeit wenigstens ab und an
dazu und klären etwa, was gut war, was verbesserungswürdig ist, was sie gelernt
haben, welche Fehler sie abgelegt, welche Fähigkeiten sie weiterentwickelt
haben und was der nächste Schritt sein muss. Nur wer weiß, wer er ist und was
er kann, kann dies auch ins Team einbringen.
Warum
aber ist das alles so wichtig?
Natürlich zählen auch weiterhin
harte Fakten und Qualifikationen wie etwa eine fundierte Ausbildung, ein Studienabschluss
oder nachweisbare berufliche Erfahrungen und Erfolge. Fakt ist aber auch:
Unsere heutige, moderne Berufswelt entwickelt sich enorm schnell weiter. Die Halbwertzeit von Fachwissen sinkt dabei mitunter im Monatstakt. Soziale Kompetenz bildet dabei
eine wesentliche Konstante, die bei unvermeidbaren
Veränderungen das Miteinander bewahrt und so letztlich auch hilft, die
Unternehmenskultur und -organisation im Wandel anzupassen und weiter zu
entwickeln - ohne allzu große Reibungsverluste.
Wer Sozialkompetenz besitzt, diese pflegt und trainiert,
sichert damit nicht zuletzt auch seine eigene Karriereentwicklung.
Quelle: www.
http://karrierebibel.de
Von Jochen Mai am 11.
Mai 2015