Die Nachricht vom Chef bei Whatsapp ignorieren? Projekte
aufgrund eines Interessenkonflikts ablehnen? „Nein“ zur unbezahlten Mehr-Arbeit
sagen? Darf ich das – oder ist das dann schon Arbeitsverweigerung? Und was
droht mir dann?
Zuallererst wichtig: Was ist „Arbeitsverweigerung“
eigentlich genau?
„Arbeitsverweigerung ist die bewusste und gewollte
Nichtleistung der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit. Ihr Chef darf also
erwarten, dass sie sich an die Vereinbarungen halten – Sie erwarten von ihrem
Chef ja auch eine pünktliche, vollständige Überweisung Ihres Gehalts. Auf eine
unrechtmäßige Arbeitsverweigerung kann der Arbeitgeber deswegen mit
Gehaltskürzung reagieren – und auch mit einer Abmahnung. Im Wiederholungsfalle
oder bei beharrlicher Arbeitsverweigerung kommt auch eine Kündigung in
Betracht.“
Aber: Verweigern Sie zu Recht die Arbeit – etwa, weil die
Aufträge rechtswidrig oder gesundheitsschädlich sind oder Sie diese mit Ihrem
Gewissen oder Ihrer Religion nicht vereinbaren können, sind die o.g. Sanktionen
nicht zulässig.
„Auch wenn der Arbeitgeber Ihnen degradierende Aufgaben
zuweist (,Hof kehren') oder höherwertige Aufgaben, für die er mehr Geld zahlen
müsste, müssen Sie diese nicht übernehmen.“
1. Ich bleibe daheim, obwohl ich mich nur ein bisschen
kränklich fühle. Ist das schon Arbeitsverweigerung?
„Normalerweise darf man nur zuhause bleiben, wenn man
arbeitsunfähig ist oder – wenn man erst am vierten Tag eine
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom Arzt vorlegen muss – wenn man sich
arbeitsunfähig fühlt. Wer bewusst zuhause bleibt, obwohl er durchaus arbeiten
könnte, verweigert seine Arbeit. Allerdings kann die Krankheit ja noch im
Anflug sein... Im Zweifel muss der Arbeitnehmer aber nachweisen, dass er zu
Recht der Arbeit ferngeblieben ist, sonst setzt er seine Gehaltszahlung für
diese Tage aufs Spiel!“
2. Mein Chef möchte, dass ich zusätzlich zu meiner täglichen
Arbeit die Aufgabe eines Kollegen erledige. Muss ich das?
„Wenn die Weisung ihres Chefs nicht mehr von Ihren
vertraglichen Vereinbarungen gedeckt ist, also z.B. höherwertige oder
geringerwertige Aufgaben übernommen werden sollen, ist ein ,Nein' erlaubt. Wenn
der Kollege aber einen gleichwertigen Job macht, müssen Sie auch mal
kollegialerweise aushelfen, z.B. bei Urlaub, Krankheit oder Überlastung des
Kollegen.“
Wie kann ich der Zusatz-Arbeit dennoch entgehen?
„Hier empfiehlt es sich, dem Chef die Folgen aufzuzeigen:
,Wenn ich diese Zusatzaufgabe übernehme, bleibt von meinem aktuellen Projekt
ein Teil liegen. Ist das in Ordnung?' Dann kennt er die Konsequenz, und dann
kann er entscheiden.
Bedenken Sie: Ihr Arbeitstag darf im Halbjahrs-Schnitt nur
maximal acht Stunden lang sein. Und alles, was längere Arbeit verlangt, darf
liegenblieben.
Und ein solches Signal kann hilfreich sein: Denn erst, wenn
Dinge nicht mehr klappen, wird Personal aufgestockt.“
3. Mein Chef schreibt mich im Feierabend bei Whatsapp an –
ich reagiere nicht. Ist das schon Arbeitsverweigerung?
Nein. Dienst ist Dienst und Feierabend ist Feierabend. Der
Chef gehört nicht mehr ins Programm. Und Whatsapp gehört – anders als Ihr
dienstliches E-Mailfach – nicht zu den Postfächern, die Sie arbeitsvertraglich
beachten müssen.“
4. Der Chef verlangt, dass ich die Arbeit meines Kollegen
ändere und weiterführe. Ich will aber kein Kollegenschwein sein und ihm sein
Projekt wegnehmen. Darf ich „Nein“ sagen?
„Der Chef darf jemandem einzelne Arbeiten wegnehmen und
einem anderen zuteilen, wenn er dabei im Rahmen des Direktionsrechts bleibt und
die Maßnahme nicht willkürlich ist. Kollegiale Rücksichtnahme muss bei
zulässigen Anweisungen zurücktreten. Aber wenn er keinen sachlichen Grund für
die Anweisung hat, den Kollegen kaltstellt und Ihnen damit einen zweiten Job
aufs Auge drückt, ist die Grenze des Direktionsrechts sicher überschritten.“
Der Kollege ist
eingearbeitet, kennt die Vorgänge und hat den direkten Kontakt zum Kunden –
deshalb kann er das Projekt zeitnah zu Ende führen.' Als Kontrast schildern Sie
Ihre Situation: 'Ich müsste meine laufenden Projekte unterbrechen, das würde zu
Verzögerungen führen. Und ich müsste mich komplett einarbeiten'. Auf dieser Basis
kann der Chef dann entscheiden – und er wird es meist in Ihrem Sinne tun.“
5. Mein Chef will, dass ich in Meetings gehe und mehr
Verantwortung übernehme. Das steht so aber nicht in meinem Arbeitsvertrag. Darf
ich „Nein“ sagen?
„Im Arbeitsvertrag steht meistens nicht genau drin, was man
alles für Aufgaben und Pflichten hat. Jeder Job verändert sich ja auch nach
vielen Jahren. Deshalb hat der Gesetzgeber geregelt, dass der Chef auch den
Arbeitsinhalt näher bestimmen darf – unter Berücksichtigung der betrieblichen
Interessen UND der Interessen des Arbeitnehmers. Die Teilnahme an Meetings
gehört zu den meisten Jobs dazu, selbst wenn es nicht ausdrücklich im Vertrag
steht. Ob mehr Verantwortung einseitig verlangt werden darf, hängt davon ab, ob
das Mehr an Verantwortung schon eine höhere Vergütung rechtfertigt (dann nur im
Einvernehmen) oder sich noch im vereinbarten Tätigkeitsrahmen bewegt (dann geht
es auch per Weisungsrecht). Den Job des Vorgesetzten muss man für das Gehalt
des Untergebenen nicht erledigen!“
Ich will für die Mehr-Verantwortung auch mehr Gehalt – wie
sag ich's?
„Verpacken Sie es positiv, etwa: ,Es freut mich, dass Sie
mir mehr Verantwortung zutrauen und mich jetzt in die wichtigen
Entscheidungsmeetings schicken. Lassen Sie uns dafür eine vertragliche
Grundlage suchen, das fühlt sich für beide Seiten besser an'. So fädeln Sie
eine Aufwertung Ihrer Position und natürlich auch Ihres Gehaltes ein. Dieser
Weg ist deutlich geschickter, als wenn Sie ihm ein Stoppschild vor die Nase zu
halten.“
6. Der Vorgesetzte übergibt mir ein Projekt, das mich in
einen Interessenkonflikt stürzt. Kann ich es ablehnen?
„Ein tiefer Interessenkonflikt reicht nicht aus, um das
Projekt legitim abzulehnen. Allerdings können Grundrechte wie die
Glaubensfreiheit oder Schutz von Ehe und Familie unter Umständen dazu führen,
dass man Arbeit ablehnen kann. Der Vorgesetzte darf nur Arbeiten übertragen,
die einen Arbeitnehmer nicht in einen vermeidbaren Gewissenskonflikt bringen
oder dessen Pflicht zur elterlichen Sorge beeinträchtigen – es sei denn, es
gibt keine Alternative.“
7. Der Kollege macht seine Arbeit nicht, seine Ausrede:
Blackout. Ist das Arbeitsverweigerung?
„Wenn der Kollege wirklich einen Blackout hatte, liegt keine
gewollte Arbeitsverweigerung vor. Ist der Blackout vorgetäuscht, droht
allerdings eine Abmahnung!“
8. Die Kollegin muss regelmäßig früher gehen, um ihr Kind
von der Kita abzuholen und lehnt aufwendige Projekte daher von vornherein ab.
Darf sie das?
„Dienst ist Dienst – der Chef muss keine Rücksicht auf das
Privatleben nehmen. In unvermeidbaren Ausnahmefällen kann man früher den
Arbeitsplatz verlassen, aber nicht regelmäßig einmal die Woche. Vielmehr muss
dann jemand anderes das Kind abholen, ggf. eine Tagesmutter. Wenn es die Arbeit
nicht beeinträchtigt und der Betriebsfrieden nicht gefährdet wird, wird ein
Chef aber sicher mit sich reden lassen.“
Aber auch, wenn der Chef mitspielt, gibt es Regeln zu
beachten.
„Falls vereinbart ist, dass Sie früher gehen dürfen, sollten
Sie dieses Recht immer in Anspruch nehmen. Sobald Sie beginnen, ausnahmsweise
länger zu bleiben, wird eine Regel daraus abgeleitet. Das ist eine der
wichtigsten Regeln beim Nein-Sagen: Lassen Sie sich nicht weichklopfen – stehen
Sie zu sich, ihrem Wort und ihren Wünschen.“
Quelle: Von NICOLE GAST,
http://www.bild.de/bild-plus/ratgeber/job-karriere/arbeitsrecht/wann-aus-nein-arbeitsverweigerung-wird-44101500.bild.html