Wer zum Alptraum eines Personalers werden möchte, hat viele Möglichkeiten - etwa zum Auftakt schlechte Witze reißen, dann gleich nach dem Gehalt fragen und Sätze sagen wie "Pünktlichkeit ist eine meiner Stärken". Manche Bewerber machen das wirklich.
Dem Horrorbewerber jedes Unternehmens gelingt es ohne Mühe,
von Fauxpas zu Fauxpas zu stolpern. Er kommt nicht nur einfach ein
Viertelstündchen oder noch mehr zu spät. Er erklärt dann auch noch lang und
breit, warum die U-Bahn ausgefallen ist. Weil das den Personaler natürlich
brennend interessiert - ein schöner Start in eine perfekt verpfuschte
Bewerbung.
Hinter solchen Anfängerfehlern stecken oft Denkfehler. Denn
häufig ist es gut gemeint, wenn ein Kandidat den Personaler mit Anekdoten und
Ausreden langweilt. Manche Bewerber wollen nur unbedingt alles richtig machen,
wenn sie alles falsch machen. Leicht vermasseln können sie sich das Schaulaufen
zum Beispiel so:
Bewerbung mit üppigem Lametta
Mit nur scheinbar kreativen Gestaltungsideen können Bewerber
jede Menge Energie vergeuden. "Schmücken Sie Ihren Lebenslauf mit
Zierlinien. Nehmen Sie das dickste Papier und die edle Ledermappe", so der
sarkastische Rat des Bewerbungsberaters Gerhard Winkler aus Berlin, "damit
zeigen Sie, dass Sie etwas Besonderes sind." Tatsächlich wirkt so etwas
schnell übertrieben: "Der Personaler hat wenig Zeit. Er will harte Fakten.
Schnickschnack lenkt nur ab."
Erst nörgeln, dann flotte Sprüche klopfen
Die passenden Small-Talk-Themen zum Einstieg zu finden, ist
ein Spiel, das nicht jeder beherrscht. Geraten wird oft, etwas Naheliegendes
anzusprechen, zum Beispiel die Eindrücke von der Firma. "Sparen Sie dabei
nicht mit Kritik", empfiehlt Winkler Bewerbern, die es sich gleich mit dem
Personaler verderben wollen. "Als Erstes beschweren Sie sich, dass sie das
Büro nicht gefunden haben, in dem sie sich die Fahrtkosten erstatten lassen
können." Danach ist sicher der Kaffee zu kalt. Und zur Krönung sollten Bewerber
sofort nach dem Gehalt fragen und daran herummäkeln, ergänzt der
Karriereberater Hermann Refisch aus Frankfurt.
Humor kommt doch immer gut an. Und nach einem kleinen Witz
oder lockeren Spruch, zum Beispiel aus dem letzten Mario-Barth-Programm, läuft
das Gespräch gleich viel entspannter. Garantiert unbeliebt machen sich Bewerber
mit einem Scherz auf Kosten anderer Mitarbeiter wie "Was ist das denn für
ein Drachen in Ihrem Vorzimmer?", so Winkler. Das toppen sie noch, indem
sie sich im Büro des Personalers umsehen und sagen: "Oh, Sie hatten wohl
noch keine Zeit, sich richtig einzurichten?"
Knigge ist altmodisch - lieber munter losgefloskelt
Manieren werden generell überschätzt. Darauf warten, dass
der Personaler einem anbietet, sich zu setzen? Man will doch Initiative zeigen!
Dem Gegenüber ins Wort fallen, an ihm vorbeischauen, sich in einen Sessel
lümmeln - das sind ein todsicheres Mittel, um den ersten Eindruck zu versauen.
Bei Jugendlichen verbreitet: Kaugummi kauen und mit dem Handy herumspielen.
"Ich bin teamfähig und motiviert", solche Floskeln
sind ein Muss für jede schlechte Bewerbung - dann bitte bloß nicht belegen und
nie konkreter werden. "So allgemein klingt es ja auch viel schöner",
erläutert Winkler den Denkfehler, der hinter solchen Formulierungen steckt.
Dass viele mit "abstrakten Begriffen um sich werfen", hat auch sein
Fachkollege Hermann Refisch oft beobachtet. Wer es besser machen will, sollte
solche Eigenschaften mit konkreten Beispielen belegen: "Ich schreibe also,
in was für einem Team ich gearbeitet habe und welche Probleme dabei gemeinsam
gelöst wurden." Das spreche für sich.
Mit Banalitäten protzen, eine Schleimspur legen
Fachwissen und Leistungen waren gestern. Fragen nicht
Unternehmen heute nach "Soft Skills"? Da wird zum Beispiel Kellnern
schnell zum Beleg für Organisationstalent oder Kommunikationstüchtigkeit.
"Auch Fremdsprachenkenntnisse lassen sich gar nicht genug
aufbauschen", sagt Winkler sarkastisch - vor allem wenn sie für den Job
gar nicht nötig sind.
Aber auch andere Selbstverständlichkeiten
("Pünktlichkeit ist eine meiner Stärken") kann man in einer
schlechten Bewerbung nicht oft genug betonen. Als Negativbeispiele nennt
Winkler Erfahrung im Umgang mit dem Internet und mit Office-Programmen. Dazu
passe auch die Beteuerung, "allergrößtes Interesse" am Job zu haben:
"Das ist bestimmt genau das, was Sie von anderen abhebt."
Bewerber müssen den Personaler überzeugen, warum sie genau
der Richtige für den Job sind. Ein Motto für erfolglose Kandidaten lautet:
Schleimen, was das Zeug hält. Garantiert daneben liegen sie mit einem Satz wie
"Schon als Kind habe ich in einem Bettchen aus Ihrem Möbelhaus geschlafen
und davon geträumt, später hier zu arbeiten", so Winkler.
Sich wegducken, hinten anstellen und bloß nicht drängeln
"Bescheidenheit ist eine Zier", sagt Winkler und
beschreibt damit einen häufigen Denkfehler von Bewerbern - allzu tief stapeln
und sich in ein schlechtes Licht rücken. "Bloß nicht von den eigenen
Leistungen reden, das wirkt bloß arrogant", scherzt Winkler. Stattdessen
erläutere der erfolglose Bewerber Personalern die eigenen Schwächen: "Wir
sagen gern, was gegen uns spricht. Nicht dass der Personaler auf die Idee
kommt, wir könnten uns nicht realistisch einschätzen." Im Ernst heißt das:
Viele Bewerber treten zu schüchtern auf - und bringen sich damit um ihre
Chancen.
Abwarten und Tee trinken - das ist das Motto nach einer
versandten Bewerbung oder einem Vorstellungsgespräch, wenn man seine Chancen
auf den Job einfach verstreichen lassen will. "Der vornehme Bewerber hält
sich zurück und wartet, bis er aufgerufen wird", erläutert Winkler den
Trugschluss. Es sei aber ein Fehler, bloß geduldig zu warten: "Ein
bisschen zu nerven gehört zum Bewerbergeschäft."
Quelle: www.spiegel.de von 24.03.2011 von Tobias Schormann,
dpa/jol