Vielen Bewerbern treibt schon die Vorstellung vom
Jobinterview mit einem vermeintlich gefühlsarmen Personaler einen Schauer über
den Rücken. Sie sind nicht zu durchschauen, unnahbar und gefühlskalt. Sie
lauern nur darauf, dass man etwas Falsches sagt, um dann eine saftige Absage
erteilen zu können. Viele Bewerber stellen sich Personaler als solch
angsteinflößende Anzugträger ohne Mitleid vor. Daher kommt es nicht von
ungefähr, dass ihnen allein beim Gedanken an Vorstellungsgespräche ein Schauer
über den Rücken läuft und sie sich fühlen wie die Maus vor der Schlange. Was
viele nicht wissen: Die Angst sitzt auf beiden Seiten. Denn nicht nur für die
Bewerber steht einiges auf dem Spiel. Entscheidet sich der Personaler für den
falschen Kandidaten, können wirtschaftliche Einbußen für das Unternehmen die
Folge sein. Deswegen werfen sie den Anwärtern auf die von ihnen zu besetzende
Stelle Nüsse auf den Tisch, die sie entweder selbstbewusst und kompetent
knacken – oder nicht.
Die Finger von den Keksen lassen
Wüssten die Bewerber, was ihrem Gegenüber während des
vermeintlichen Kreuzverhörs durch den Kopf geht, hätten sie es leichter – so
die These der Wirtschaftsjournalisten Anne Jacoby und Florian Vollmers.
Deswegen wagten sie den Blick hinter die Kulissen, um die „Personaler-Show“ zu
entzaubern. Sie befragten Entscheidungsträger, auf was es ihnen bei
Jobkandidaten ankommt und analysierten Interviewsituationen aus verschiedenen
Branchen. Im Zentrum ihres Interesses stehen die Personaler und die Frage, wie
sie ticken. Auf Basis ihrer Erkenntnisse formulieren Jacoby und Vollmers
Empfehlungen, damit sich die Bewerber nicht selbst ins Aus schießen. So
entschlüsselten sie die „heimlichen K.-o.-Kriterien“ und stellten ein
Sammelsurium an Dos und Don’ts zusammen.
Führt die Assistentin den Kandidaten in den Besprechungsraum
und bittet, schon einmal Platz zu nehmen, sollte man das tunlichst unterlassen.
Stehen bleiben, die Finger von den Keksen lassen und sich noch kein Getränk
einschenken – so macht man es richtig. Reicht einem der Personaler nicht die
Hand, sollte man nicht darauf bestehen. Übergibt er eine Visitenkarte, sollte
der Bewerber diese keinesfalls ungesehen einstecken, sondern sie lesen und
dabei besonders auf akademische Titel achten.
Nun folgt die Kür: das Vorstellungsgespräch. Bei Fragen,
beispielsweise nach Lücken im Lebenslauf, sollten Bewerber die Sachverhalte
positiv darstellen können. Sich vorab zu überlegen, was gefragt werden könnte
und wie man antwortet, ist daher ratsam. Aber Vorsicht: Kein Personaler will
auswendig gelernte Antworten hören.
In fünf Kategorien haben die Autoren zusammengetragen,
worauf Personaler besonders allergisch reagieren. An erster Stelle: die
Missachtung der preußischen Tugenden Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Sauberkeit
und Ordnung. Schlechte Karten also für alle, die zu spät oder gar nicht kommen,
ungepflegt oder in einem unpassenden Outfit erscheinen, sich in eine
Parfumwolke hüllen oder sich nicht über das Unternehmen informiert haben.
Bewerber tun gut daran, Interesse zu bekunden. So entwickelt
der Personaler Sympathie gegenüber dem Bewerber. Auf keinen Fall sollte man
schlecht über alte Arbeitgeber oder Kollegen sprechen. Es könnte der Eindruck
entstehen, der Kandidat würde sich auch über den neuen Job und Chef abwertend
äußern. Wer sich dagegen selbst schlecht darstellt oder gar wortkarg ist, lässt
mangelndes Selbstbewusstsein durchblicken – das ist auch nicht erwünscht.
Fragen, fragen, fragen
Hat der Bewerber die Möglichkeit, Fragen zu stellen, ist
Vorsicht geboten. Der größte Fehler ist es, gar keine Fragen zu stellen.
Ebenfalls nicht zu empfehlen: die falschen Fragen stellen. Gut und zulässig ist
etwa: Was werden meine konkreten Aufgaben bei der zu besetzenden Stelle sein?
Wer ist mein Vorgesetzter? Wann ist der frühestmögliche Eintrittstermin? Warum
wurde die Stelle ausgeschrieben? Wird sie neu besetzt oder wurde sie neu
geschaffen, wenn ja, warum? Den „Fragenspieß“ umzudrehen, ist ebenfalls
erlaubt: Welcher Punkt meines Lebenslaufs hat sich aus Ihrer Sicht noch nicht
geklärt? Gibt es vielleicht noch Bedenken gegen meine Einstellung? Falls ja,
welche?
„Tun Sie dem Personalverantwortlichen den Gefallen, das
Spiel mitzuspielen. Wenn Sie es nicht tun, kratzen Sie sein Ego an“, so der
übergreifende Tipp der Autoren. Sie haben den Code der tückischen Jobinterviews
entschlüsselt, damit „Sie sich nie wieder so machtlos fühlen wie ein Kind beim
Nikolaus
Quelle: www.berliner-zeitung.de/bewerbung/ vom 7.03.2012 von
Jana Illhardt
Buchtipp: „Das Jobinterviewknackerbuch: Cool bleiben,
Kompetenz zeigen, K.O.-Kriterien kennen“, Anne Jacoby und Florian Vollmers,
Campus, Frankfurt am Main 2012, 192 Seiten, 16,99 Euro.