„Bewerben ja oder nein?“ – Wer bereit ist, sich auf die
Bedingungen einzulassen, die in einer Anzeige genannt sind, sollte es auf jeden
Fall tun. Jeder Schritt bringt einen weiter, und man hat immer die Möglichkeit,
sich von diesem nächsten Schritt aus neu zu orientieren. Wer überhaupt etwas
tut, hat langfristig mehr Chancen als ein Mitbewerber, der seine Zeit
hauptsächlich mit der Hoffnung auf eine bessere Vergangenheit verbringt.
Leider wissen die meisten Bewerber nicht gut genug über sich
selbst, um Kriterien für eine gute Entscheidung zu entwickeln, die dann die
Auswahl der interessanten Stellen erleichtert. Wer sich lediglich vom Titel
„Producer/in gesucht“ oder „Betriebswirt/in gesucht“ leiten lässt und dann die
Anzeige ungenügend durchdringt, wird schnell enttäuscht und schreibt eher eine
Bewerbung, die weder seinen noch den Bedürfnissen des Arbeitgebers entspricht.
Einfacher hat es, wer seine psychischen und
Verhaltenspräferenzen und seine Werte genau kennt. Er wählt wesentlich genauer
die Umgebungen aus, die wirklich zu ihm passen. Zwar garantiert auch das keine
„Punktlandungen“, aber es erhöht deren Wahrscheinlichkeit. Eine gute Hilfe dazu
ist die sogenannte „Potenzialanalyse“. Das wichtigste daran ist das
Validierungsgespräch mit einem guten Berater, denn das macht die Analyse dann
zu einem nützlichen Potenzialcoaching.
Darauf sollten Sie achten: "von außen nach innen"
Grundsätzlich lohnt es sich, die Anzeigen immer „von außen
nach innen“ zu lesen:
Wie ist der Gesamteindruck?
Möchte ich bei einer Firma arbeiten, die sich auf diese
Weise präsentiert?
Welche Widersprüche werden deutlich? Wirkt eine Anzeige zum
Beispiel altbacken, während im Text Jugendlichkeit und Dynamik gefordert wird,
dann macht es schon einen Unterschied, ob man sich dort als „jüngerer
Mitarbeiter“ bewirbt.
Wenn das Grundgefühl stimmt, geht es weiter ins Innere der
Anzeige.
Wie werden die Anforderungen dargestellt: aggressiv oder
kooperativ?
Wird auf Nehmen soviel Wert gelegt wie auf das Geben?
In welchem textlichen Umfeld fallen die Formulierungen, die
uns unklar erscheinen? usw.
Wer genau weiß, was er in dieser Phase seines Lebens will
und leisten kann, entscheidet mit Leichtigkeit, ob er sich dann besonders gerne
auf eine Stelle bewirbt – oder obwohl (!) sie nicht nach dem Jackpot aussieht.
Übrigens kann man davon ausgehen, dass die Autoren der
Anzeigen nicht immer wissen, was sie an berechtigten oder unberechtigten
Nebeninformationen in ihren Anzeigen transportieren. Und so weist die
Auflistung unten nur auf Dinge hin, auf die man seine Antennen ausrichten
sollte.
Die Übersetzung von Formulierungen in Stellenanzeigen
und wann sich eine Bewerbung trotzdem lohnt.
junger/jüngerer Mitarbeiter gesucht (wie alt ist jung?)
möglichst ungebunden, flexibel auch in den Arbeitszeiten;
jung sein bedeutet, zu niedrigerem Gehalt und körperlich fit.
"Mitarbeiter" heißt "ohne Führungsanspruch": Jemand, der
tut, was man ihm sagt.
Für Leute plus/minus 20 Jahre, die einfach Erfahrungen sammeln
und sich beruflich orientieren wollen, ohne den Anspruch, „von oben“
einzusteigen.
gute Englischkenntnisse (was heißt genau „gut“?)
Flüssig lesen können, im Gespräch mit Ausländern nett – und
internet(t) sich austauschen können. Perfektes Schreiben darf, muss aber nicht
sein.
Aus der Bewerbung sollte hervorgehen, dass man fit genug für
einfache Gespräche ist und sich Texte erschließen kann.
mit Erfahrung/größerer Erfahrung
Wir wollen keinen Anfänger, der umständlich eingewiesen
werden muss, sondern jemanden, der sofort produziert und der uns in den Dingen
berät, mit denen wir gerade selbst nicht fertig werden.
Gut für Leute mit Erfahrung als Trouble-Shooter: Flexible,
neugierige und zupackende Problemlöser.
mehrjährige Berufspraxis (1, 5, 25 Jahre?)
plus/minus fünf Jahre, hat bereits Erfahrung im
Branchenumfeld, die er einbringen kann, ansonsten wie "mit Erfahrung"
Nichts für jemanden ohne und mit sehr viel Berufserfahrung.
Häufig werden Leute gesucht, die sich woanders die Hörner abgestoßen haben und
jetzt sesshaft werden wollen.
Kenntnisse in ... (fit sein oder reicht es, schon mal davon
gehört zu haben?)
Nur ein Handbuch von Office zu besitzen reicht nicht, aber
es wird verziehen, wenn man noch nachschlagen muss. Je mehr jemand weiß, um so
besser
Wer beherzt und mit Spaß in den Kenntnissen zuhause ist,
sollte hier zupacken. Es wird sicher anerkannt, wenn man weiß, was man dabei
tut - auch wenn der Chef keine Ahnung hat, worum es geht.
sucht zur Verstärkung des Teams (haben Einzelkämpfer eine
Chance?)
Klingt danach, dass sich jemand übernommen hat. Mit
schlechter Laune im Team muss gerechnet werden. Wer sich hier bewirbt, stellt
sich ganz hinten an. Das bestehende Team wird sich erst einmal entlasten
wollen.
Wer sich in Gruppen wohl fühlt und die Dynamik darin
genießen kann, ist hier genau richtig. Wichtig: Abweichungen vom
"Einheits-Look" sollten gut begründet sein. Die Chemie muss im
wesentlichen stimmen.
sofort gesucht (welche Kündigungsfrist ist noch o.k.?)
Sofort heißt sofort. Hier wird jemand dringend gesucht - aus
welchen Gründen auch immer.
Für Kündigungen zum Quartalsende haben die meisten Verständnis.
Bereits freie Leute sind hier richtig. Aber auch für die anderen lohnt es sich:
bei entsprechender Qualifikation kommen die Firmen auf ihn/sie zurück.
Studium erfolgreich abgeschlossen (mit Auszeichnung oder ist
die Note egal?)
Zielt vor allem darauf, ob jemand das Standvermögen für ein
vollständiges Studium hatte. Erfolgreich heißt zwei bis drei. Man hat es
geschafft, ohne akademischen Dünkel.
Nur zu: Auch wenn das Studium mit einer vier endete, hat man
es durchgehalten. Wer Umstände dafür geltend machen kann und sich darüber
hinaus qualifiziert hat, kann durch Erfahrungen außerhalb der Uni Punkte wett
machen.
Karriereeinsteiger/Berufseinsteiger gesucht
Proaktive Anfänger nach der Berufsausbildung, möglichst
jung, aber heiß darauf, voranzukommen. "Wir wissen, dass Sie mehr
verdienen sollten. Zeigen Sie uns, dass sie wirklich gut sind!"
Gut für begeisterungsfähige Leute, die ungebunden sind und
nicht darauf bestehen, pünktlich Feierabend zu machen. Sie sollten bereit sein,
möglichst schnell Verantwortung zu übernehmen. Sonst wird das mit der Karriere
nichts.
Fähigkeit zum eigenverantwortlichen/ selbstständigen
Arbeiten (mutterseelenallein?)
Wir brauchen jemanden, dem wir ein Ziel nennen, und er
marschiert los - mit oder ohne Team, mit gutem oder schlechtem Equipment. Nur
das Ergebnis zählt.
Wer nur auf Weisungen hin handelt, ist hier fehl am Platz.
Auch ein Team möchte nicht ständig für jemanden sorgen müssen.
Wir sind ein junges, innovatives Unternehmen (,,Hier
herrscht Chaos?)/Die neu gegründete ... sucht ... („Hier läuft noch nichts
rund“?)
Oft wird "Solidarität" unter chaotischen
Verhältnissen erwartet: "Wir wissen noch nicht, wo es lang geht und ob wir
überleben werden. Wir bitten um Verständnis, dass die Honorare noch nicht Ihren
Wünschen entsprechen werden. Aber wenn es mal so richtig läuft, wird es sich
auch für Sie lohnen!"
Für unabhängige, junge Leute ein tolles Lernumfeld. Es kommt
auf sie selbst an, wohin sie das Ruder drehen. Alles ist möglich, und was sie
nicht selbst ermöglichen, findet auch nicht statt. Auch gut für
experimentierfreudige „alte Hasen“ mit Spaß an der Dynamik in einer Umgebung,
die erst noch gestaltet werden muss.
Quelle: www.coaching-kensok.de