Eine oft geäußerte Befürchtung können wir gleich zu Beginn
zerstreuen: Eine allgemeine wirtschaftliche Schieflage des Unternehmens oder
Umsatzeinbrüche reichen als Begründung für betriebsbedingte Kündigungen nicht
aus. Dazu muss der Arbeitgeber dann schon konkrete Gründe und Zahlen
präsentieren können. Die Hürde für eine betriebsbedingte Kündigung ist vom
Gesetzgeber absichtlich recht hoch angesetzt. Der besondere Kündigungsschutz
beispielsweise für Betriebsrat, Schwanger oder Menschen mit einer Behinderung
gilt natürlich auch hier.
Voraussetzungen und erste Reaktion
Um eine betriebsbedingte Kündigung berechtigt aussprechen zu
können, müssen grundsätzlich vier Voraussetzungen erfüllt sein. Ist das bei auch
nur einer einzigen Voraussetzung nicht der Fall, ist die betriebsbedingte
Kündigung ungültig. Da auch Arbeitgeber diese Voraussetzungen nicht immer genau
kennen – oder es einfach darauf ankommen lassen – werden jährlich zahlreiche
ungültige Kündigungen aus betriebsbedingten Gründen ausgesprochen. Hier hilft
meist nur der Gang vor das Arbeitsgericht.
Doch kommen wir zuerst zu den vier Voraussetzungen:
Betriebliche Erfordernisse – Hierunter fallen beispielsweise
Verlagerungen von Abteilungen, die Abstoßung und Schließung ganzer
Betriebszweige oder die Insolvenz des Unternehmens. Wie bereits erwähnt muss
der Arbeitgeber hier konkrete Zahlen und Gründe vorweisen können. Das Problem:
Diesen Nachweis muss er erst vor Gericht bringen, solange Sie also nicht gegen
die Kündigung klagen, wissen Sie nicht, ob die Aussagen des Unternehmens
diesbezüglich stimmen. Und noch einen Aspekt muss die Kündigung erfüllen:
Dringlichkeit. Ist sie nicht dringlich, kann der Arbeitgeber einfach der
Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung suchen.
Keine Möglichkeit auf Weiterbeschäftigung – Eine Verlagerung
oder Werksschließung allein rechtfertigt jedoch noch keine betriebsbedingte
Kündigung. Selbst wenn der aktuelle Arbeitsplatz wegfällt, muss der Arbeitgeber
den Mitarbeiter weiter beschäftigen und nach freien Arbeitsplätzen suchen. Als
“frei” gelten dabei Arbeitsplätze, die aktuell oder bis zum Ende der
Kündigungsfrist zu besetzen sind. Einzige Voraussetzung: Der Arbeitsplatz muss
gleichwertig sein. Ist eine Vertragsänderung für den Wechsel erforderlich, gilt
der Arbeitsplatz nicht als frei.
Interessenabwägung – Der Name verrät es bereits: Hier werden
die Interessen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber abgewogen. Nur wenn sich daraus
ergibt, dass eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers – auf dem aktuellen
oder einem anderen freien Arbeitsplatz – wirtschaftlich und unternehmerisch
nicht sinnvoll ist, fällt die Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers
aus.
Sozialauswahl – Bei der Sozialauswahl geht es darum, welche
Mitarbeiter den größten Hilfebedarf haben. Vereinfacht formuliert heißt das:
Wer jung, gut ausgebildet und erst kurz beim Unternehmen angestellt ist, geht
zuerst. Konkret muss der Arbeitgeber vier Kriterien – Dauer der
Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung –
berücksichtigen. Das erklärt auch, warum Familienväter und -mütter oft erst
spät betriebsbedingt gekündigt werden.
Sobald Sie von Ihrem Arbeitgeber erfahren, dass Ihnen eine
betriebsbedingte Kündigung bevorsteht – eine solche Vorwarnung ist nicht nötig
oder vorgeschrieben – sollten Sie umgehend mit Ihrem Chef sprechen. Weisen Sie
ihn ausdrücklich – idealerweise schriftlich – darauf hin, dass Sie zu
Umschulungen und Weiterbildungen bereit sind, um einen anderen Arbeitsplatz im
Unternehmen zu übernehmen. Ist diese Bereitschaft vorhanden, erweitert sich die
Bandbreite der “freien” Arbeitsplätze, die für eine Weiterbeschäftigung
geeignet sind, enorm.
Arbeitsagentur und Kündigungsschutzklage
Nach Erhalt der betriebsbedingten Kündigung in Schriftform –
es soll noch Arbeitgeber geben, die so etwas mündlich versuchen – sollten Sie
umgehend persönlich bei der Arbeitsagentur vorstellig werden und sich Arbeit
suchend melden. Es spielt dabei keine Rolle wie lange Ihre Kündigungsfrist ist.
Versäumen Sie eine zeitnahe Meldung – die in der Regel nach spätestens zwei bis
drei Tagen erfolgt sein muss – kann Ihnen eine Sperrfrist von einer Woche oder
länger für das Arbeitslosengeld I drohen.
Nach Ihrem Besuch beim Arbeitsamt beginnt dann ein wichtiger
Entscheidungsprozess für Sie. Denn nach Erhalt der Kündigung haben Sie genau
drei Wochen Zeit, um Kündigungsschutzklage gegen die betriebsbedingte Kündigung
einzureichen. Diese ist vor allem dann sinnvoll, wenn Sie der Überzeugung sind,
dass die Kündigung ungültig ist und Sie auf eine Abfindung spekulieren.
Wichtig: Ihre Überzeugung, die Kündigung sei ungültig, ist keine Garantie für
den Erfolg. Eine anwaltschaftliche Beratung ist vor dem Gang zum Gericht auf
jeden Fall angebracht.
Die häufigsten Fehler
Auf Seiten der Arbeitnehmer sind die häufigsten Fehler
schnell erläutert: Sie geben Ihre Bereitschaft zu Umschulungen nicht bekannt,
melden sich nicht bei der Arbeitsagentur und lassen die Frist für die
Kündigungsschutzklage ungenutzt verstreichen.
Auf Seiten des Arbeitgebers kommt es weit häufiger zu
Fehlern. Oft werden beispielsweise betriebliche Erfordernisse oder die
Interessenabwägung vom Arbeitgeber falsch eingeschätzt. Mit Abstand die häufigsten
Gründe für unwirksame Kündigungen sind jedoch die fehlende Abstimmung mit dem
Betriebsrat – der vor einer betriebsbedingten Kündigung konsultiert werden muss
– und eine mangelhafte Sozialauswahl.
Das klingt für Arbeitnehmer zwar gut, Sie dürfen allerdings
nicht vergessen, dass solche Fehler erst vor Gericht sichtbar werden. Ihren Job
werden Sie in der Regel auch bei einem Erfolg vor Gericht nicht zurückbekommen,
eine Abfindung ist da schon wahrscheinlicher.
Quelle: www.Karrierebiebel.de von Christian Mueller am 25.
April 2013