Stellenanzeigen sind meist recht aufwändig gestaltet.
Schließlich wollen Unternehmen die Interessenten heutzutage beeindrucken und zu
einer Bewerbung animieren. Wer mehr auszuwählen hat, trifft in der Regel die
bessere Wahl und so… Gerade namhafte Firmen legen sich daher besonders ins
Zeug, denn auch im Stellenteil geht es um Selbstdarstellung und Reputation.
Manches davon ist allerdings nur schöner Schein, hübsche Schminke, nicht mehr.
Gerade in Zeiten des Arbeitskräftemangels wird dabei schon mal dick
aufgetragen. Sie selbst allerdings sollten sich von dem Blendwerk nicht aus der
Ruhe bringen lassen und die gepimpte Selbstdarstellung hinterfragen sowie den
Rest der Annonce äußerst kritisch betrachten.
Bewerben sollten Sie sich nur auf Stellen, die wirklich das
halten, was Sie versprechen – und Ihrer beruflichen Entwicklung dienlich sind.
Umgekehrt heißt das natürlich auch, dass Sie sich bitte nur dann bewerben, wenn
Sie auch den Erwartungen des Unternehmens entsprechen. So sparen Sie sich Frust
und Absagen
Die Indizien: Selbstdarstellung, Berufsbezeichnung,
Stellenbeschreibung
Erste sachdienliche Hinweise auf berufliche Perspektiven
finden Sie in der Selbstbeschreibung des Unternehmens.
In welcher Branche
ist es tätig?
Wie positioniert
es sich dort?
Als Marktführer?
Oder definiert es
das Segment so klein, dass erst so eine Marktführerschaft daraus werden kann?
Motto: „Wir sind Weltmarktführer für linksdrehende Schrauben mit
Achtkantschlitzköpfen in Rosa“ – das ist nett, aber eher Anlass zur Besorgnis
als ein Karieregarant.
Umgekehrt ist aber auch der Weltmarktführer in einer
Boombranche kein sicheres Blatt, wenn weder das Marktsegment noch die
Ausrichtung des Unternehmens zu Ihrer Ausbildung oder Ihren Erwartungen passen.
Nur um sich an der Reputation der Arbeitgebers zu laben, sollten Sie keinen Job
wählen. Den machen Sie schließlich hinterher rund 40 Stunden in der Woche.
Dumm, wenn das einzig Spannende daran der Ruf des Unternehmens ist.
Das nächste Entscheidungskriterium ist die
Berufsbezeichnung. Hier steht, ob die Stelle für Sie tatsächlich in Frage
kommt. Wenn Ihnen der Jobtitel nichts sagt (etwa, weil der Arbeitgeber zu einem
kryptischen Anglizismus gegriffen hat), sollten die ersten Alarmglocken
klingeln: Weiß das Unternehmen selbst, wen oder was es sucht? Oder ist das am
Ende ein genauso wolkiger Job, bei dem keiner eine Ahnung hat, was zu tun ist –
Sie dafür aber gerade stehen müssen?
Gut, wenn es dazu wenigstens eine Stellenbeschreibung gibt.
Anhand dieser Inhaltsangabe können Sie prüfen, ob Sie die ausgeschriebene
Stelle inhaltlich interessiert. Wenn hier allerdings auch nur Worthülsen
verschossen werden, können Sie das Inserat auch schnell wieder beiseite legen.
Erwartungen an den Bewerber
Weitere Details zur ausgeschriebenen Stelle erfahren Sie aus
dem dem Anforderungsprofil. Dort unterscheiden Unternehmen gern zwischen
sogenannten Hard Skills, also den fachlichen Qualitäten des Bewerbers und
seinen Soft Skills, den zwischenmenschlichen Fähigkeiten.
Letztere werden immer wichtiger, sind aber selten messbar:
Ist mit Belastbarkeit gemeint, dass ich schwere Kohlensäcke schleppen kann,
oder dass ich auch nach 16 Stunden am Schreibtisch neue Arbeiten noch mit einem
Strahlen im Gesicht annehme? Weil diese Begriffe so schwammig sind, werden sie
gern unreflektiert von Annonce zu Annonce übernommen. So kommt es, dass fast
jeder Bewerber belastbar, dynamisch und flexibel sein soll.
Was auch immer das konkret heißt – in der Summe sind solche
Adjektivanhäufungen aufschlussreich:
Steht in der
Stellenanzeige nur das übliche Blabla? Dann erwartet Sie nicht unbedingt ein
quirliges und inspiriertes Arbeitsklima.
Tauchen
Stresssynonyme wie „belastbar“, „durchsetzungsstark“, „kritikfähig“ vermehrt
auf? Das spricht für einen rauen Laden und mächtig Druck von oben.
Fehlen dann auch
wertschätzende Attribute, wie Hinweise auf Weiterbildung, Mentoring oder andere
Freiheiten, könnte Sie der neue Job der modernen Sklaverei näher bringen – ob
Sie das wollen oder nicht.
Profis unterscheiden noch einmal zwischen Muss- und
Kann-Anforderungen. Erstere finden Sie hinter Formulierungen wie „Wir erwarten
von Ihnen…“ oder „Sie bringen … mit“. Meist sind diese K.O.-Kriterien nach
absteigender Wichtigkeit sortiert. Mindestens 70 Prozent davon – darunter
natürlich die obersten auf der Liste – sollten Sie schon erfüllen, wenn Sie in
die engere Auswahl kommen wollen. Bei weniger ist die Absage gewiss.
Kann-Anforderungen wiederum lassen sich an Floskeln erkennen
wie: „Idealerweise besitzen Sie…“ oder „… runden Ihr Profil ab“. Wenn Sie diese
Voraussetzungen nicht erfüllen, ist das nicht weiter schlimm. Allerdings müssen
Sie damit rechnen, dass Ihnen ein Bewerber vorgezogen wird, der diese Punkte
für sich verbuchen kann. Wer hingegen allein die Kann-Anforderungen erfüllt,
wird noch lange nicht eingestellt.
Aufschlussreich ist auch die Länge der Liste. Tauchen kaum
Qualifikationen auf, bedeutet das, dass der Job absolut anspruchslos ist – und
von (fast) jedem gemacht werden kann. Sehr lange Listen wiederum deuten darauf
hin, dass das Unternehmen selbst nicht weiß, was zur Erledigung der Arbeit
benötigt wird – oder überzogene Ansprüche hat.
Eine weitere Variante ist: Die Anforderungen sind nicht nur
detailliert, sondern auch sehr spezifisch. Das ist ein klarer Hinweis darauf,
dass die Stelle bereits jemandem versprochen ist (der genau diese
Qualifikationen besitzt), aber eben ausgeschrieben werden muss. Dann ist eine
Bewerbung selten erfolgversprechend. Sie spielen dabei allenfalls die Rolle
eines Statisten.
Gegenleistung und Perspektiven
Jetzt wird’s interessant…
Was bietet das Unternehmen als Gegenleistung für Ihre
Kenntnisse und Erfahrungen?
Schön, wenn da ein konkretes Gehaltsangebot steht – kommt
aber so gut wie nie vor. Wenn eine Tarifbindung besteht, wird zumindest ab und
an eine Lohngruppe genannt. Machen Sie sich bitte schlau, was dabei für Sie
herauskommt. Informationen finden Sie mit einem Gehaltsvergleich als App oder
im Internet. Wie viel – oder wenig – wirklich bei Ihnen hängen bleibt, zeigt
Ihnen zum Beispiel unser Brutto/Netto-Rechner.
Oftmals werden Sie aber aufgefordert, in der Bewerbung Ihre
Gehaltsvorstellungen zu nennen. Obwohl Lohnverhandlungen eigentlich Teil des
Vorstellungsgesprächs sind, kommen Sie nicht am Nennen Ihrer Erwartungen
vorbei. Recherchieren Sie also bitte, wie viel Gehalt Sie verlangen können, und
sagen entweder die konkrete Zahl – oder eine Gehaltsspanne.
Beachtenswert sind ebenso die Aufstiegs-, Fortbildungs- und
Entwicklungsmöglichkeiten. Wenn das Unternehmen an einer langfristigen
Zusammenarbeit interessiert ist, muss es Ihnen Perspektiven bieten. Und wer das
kann, nennt so etwas dann auch – nicht zuletzt, um Talenten den Einstieg
schmackhaft zu machen. Fehlen solche Angaben gänzlich, spricht das nicht gerade
für einen Premium-Arbeitgeber.
Eine letzte wichtige Entscheidungsgrundlage sind dann noch
echte Stimmen aus dem Unternehmen.
Wie ist das
Betriebsklima?
Wie läuft die
Zusammenarbeit im Team und wie führt der Chef?
Solche Informationen finden Sie natürlich nicht in der
Stellenanzeige. Aber im Netz: Auf Unternehmensbewertungs-Portalen – oder, indem
Sie auf Xing oder Twitter versuchen, mit einigen Mitarbeitern direkten Kontakt
aufzunehmen. Vielleicht sind auch dabei nicht immer alle ehrlich. Aber in der
Zusammenschau und wenn Sie aufmerksam zwischen den Zeilen lesen, ergibt das
schon ein ziemlich rundes Bild.