So wird die Jobalternative zum
Karrieresprungbrett
Kaum ein Branche wird so ambivalent betrachtet und
löst so starke Emotionen aus wie die Arbeitnehmerüberlassung,
umgangssprachlich Zeitarbeit genannt. Viele Vorurteile, Horror- aber auch Erfolgsgeschichten sind
mit diesem Begriff verbunden, selten gelingt es, eine rein sachliche Diskussion
zu diesem Thema zu führen. Die Risiken sind
grundsätzlich vorhanden, doch Zeitarbeit bietet eben auch Chancen. Deshalb
lohnt sich ein differenzierter Blick auf die Branche.
Doch woher kommen die vielen Vorurteile und negativen Assoziationen? Kurz gesagt:
Aus den Anfangsjahren der heutigen Zeitarbeit in Deutschland. 1972 wurde das
Arbeitnehmerüberlassungsgesetz – kurz AÜG – verabschiedet. Das bot leider viele
Ausnahmen, die von unseriösen und rein auf den Profit ausgerichteten
Unternehmern ausgenutzt wurden. Begriffe wie “Ausbeutung” und “moderne
Sklaverei” trafen zu diesem Zeitpunkt eindeutig zu.
Heute ist die Situation jedoch eine
andere, das AÜG wurde in den letzten Jahren mehrfach geändert, theoretisch ist
ein Missbrauch wie in den 70er-Jahren heute ausgeschlossen. In der Praxis gibt
es diese Missbrauchsfälle jedoch nach wie vor, die Zahl sinkt jedoch in den
letzten Jahren kontinuierlich.
Die Besonderheiten der Zeitarbeit
Die Kritik an Zeitarbeitsfirmen
reißt dennoch nicht ab. Das ist einerseits der ausschweifenden
Negativ-Berichterstattung in den Massenmedien, andererseits einigen
Unterschieden der Zeitarbeit zu klassischen Arbeitsverhältnissen geschuldet.
Was Sozialversicherung, Arbeits- und Kündigungsschutz angeht, sind Zeitarbeitnehmer
den “normalen” Arbeitnehmern gleichgestellt. Die
Unterschiede im Überblick:
·
Die
Einsatzorte können häufig und in kurzen Abständen wechseln.
·
Die
Bezahlung liegt – zumindest bei geringer qualifizierten Arbeitskräften – unter
dem Niveau der festangestellten Mitarbeiter.
·
Die
Beschäftigungsverhältnisse sind in der Regel on kurzer Dauer. Der Bundesagentur
für Arbeit zu Folge endet ungefähr die Hälfte aller
Zeitarbeitsverträge nach nur drei Monaten.
·
Das Gehalt
besteht in der Regel aus verschiedenen Leistungen.
·
Feste Teams
sind – bedingt durch den schnellen Wechsel der Einsatzorte und Unternehmen –
die Ausnahme.
In der Praxis bedeutet das für Sie
als Arbeitnehmer:
Wenn Sie sich schnell langweilen, Abwechslung brauchen, vielfältige Erfahrungen
sammeln wollen und hoch qualifiziert sind, bietet Zeitarbeit eine optimale Einstiegsmöglichkeit
in den Beruf. Für einige Arbeitnehmer ist Zeitarbeit sogar dauerhaft die
Wunscharbeitsform.
Top oder Flop – Das hängt primär von
Ihrer Qualifikation ab
Eines der Hauptargumente gegen
Zeitarbeit ist die Bezahlung. Fantasiebeträge von fünf Euro oder weniger pro
Stunde sind – glücklicherweise – nicht die Regel. Sicher es gab und gibt
einzelne Unternehmen, die Arbeitnehmer mit solchen Hungerlöhnen abspeisen. Doch
diese unseriösen Anbieter sind die Ausnahme und werden nach und nach aus dem
Verkehr gezogen. Fakt ist, dass im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung in den
Bundesländern Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen,
Sachsen-Anhalt und Thüringen eine Lohnuntergrenze von 7,01 Euro und in den
übrigen Bundesländern von 7,89 Euro gilt. Hierbei handelt es sich wohlgemerkt
jeweils um den brutto Stundenlohn.
Um die eigenen Gehaltserwartungen in einem realistischen
Rahmen zu halten, empfehlen wir Ihnen einen Blick in den aktuell größten Tarifvertrag von iGZ und DGB. Wie in jedem anderen
Unternehmen steigt auch hier der Stundenlohn parallel zur Qualifikation, hoch
qualifizierte Mitarbeiter werden oft – im Vergleich zu festangestellten
Mitarbeitern – wirklich gut bezahlt.
So gelingt der Einstieg
Wenn Sie sich für den Einstieg in die Zeitarbeit
interessieren, haben Sie die Qual der Wahl. Wie Sie der Grafik der
Bundesagentur für Arbeit unten entnehmen können, gab es 2011 mehr als 17.000
Zeitarbeitsunternehmen.
Von Anbietern wie Randstad, Manpower, Zeitarbeit Stuttgart,
Adecco oder GIS haben Sie bestimmt schon gehört, die Bewerbung läuft bei fast
allen Unternehmen im ersten Schritt über Online-Formulare auf der Homepage des
jeweiligen Anbieters. Es gibt auch spezielle Jobbörsen für Zeitarbeitsplätze
wie beispielsweise den Marktplatz Zeitarbeit.
Gefragt sind – im hoch
qualifizierten Bereich – vor allem technische und kaufmännischeBerufe.
Auch im Pflegesektor nimmt der Einsatz an Zeitarbeitern spürbar zu, doch in den
angestammten Elektro- und Metallbranchen sinkt der Bedarf an – gering
qualifizierten – Zeitarbeitskräften.
Übrigens: Ein Drittel aller
Zeitarbeitnehmer wird in Deutschland aus einem Zeitarbeitsverhältnis heraus in
eine Festanstellung übernommen. Ob und wie eine Übernahme durch ein Unternehmen
möglich ist, hängt von dem Vertrag zwischen Zeitarbeitsfirma und Unternehmen
ab. Meist gibt es hier gewisse Einschränkungen – beispielsweise das Sie erst
nach sechs Monaten Beschäftigung bei der Zeitarbeitsfirma übernommen werden
können oder das eine Ablösesumme zu zahlen ist – doch in der Regel findet sich
eine Lösung.
Darauf sollten Sie achten
Vor Ihrem ersten Zeitarbeitsvertrag sollten Sie sich
ausführlich informieren. Weiterführende Informationen finden Sie auf der Seite
des iGZ –
Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. – und im Merkblatt der Bundesagentur für Arbeit.
Und natürlich hilft Ihnen auch unsere Checkliste, die gängigsten Fallstricke zu
umgehen.
Checkliste: Das sollten Sie bei Zeitarbeit
beachten
·
Informieren
Sie sich im Vorfeld explizit über Erfahrung mit dem für Sie zuständigen
Standort des gewählten Zeitarbeitsunternehmens. Gerade bei großen Anbietern ist
ein pauschaler Rückschluss nicht möglich, es kommt immer auf das Personal in
den einzelnen Standorten und Filialen an.
·
Achten Sie
auf die Laufzeit des Arbeitsvertrages. In manchen Fällen kann die Einstellung
auch projektbezogen, also für einen bestimmten Auftrag oder Kunden stattfinden.
In diesem Fall ist das Ende des Auftrags automatisch auch das Ende Ihres
Arbeitsvertrages.
·
Ihr Gehalt
setzt sich bei Zeitarbeitsverträgen aus einem Grundgehalt, Zuschlägen und – in
vielen Fällen – einer Fahrtkosten oder Versorgungspauschale zusammen. Letztere
wird meist nur gezahlt, so lange Sie bei einem Kunden der Zeitarbeitsfirma im
Einsatz sind. Warten Sie jedoch auf den nächsten Einsatz, fällt diese Pauschale
weg.
·
Bestehen Sie
möglichst darauf, dass die möglichen Einsatzbereich im Arbeitsvertrag so exakt
wie möglich festgeschrieben werden. So schützen Sie sich vor bösen
Überraschungen.
·
Legen Sie im
Arbeitsvertrag auch den maximalen Radius fest, in dem Ihre Einsatzort liegen
dürfen.
·
Ist Ihr
vertrag zeitlich befristet, sind Sie – wie bei einem regulären
Arbeitsverhältnis – dazu verpflichtet, sich sechs Monat vor Ende des
Arbeitsverhältnisses bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitslos zu melden.
·
Bei einer
möglichen Übernahme in eine Festanstellung müssen Sie sich unbedingt im Vorfeld
mit Ihren Zeitarbeitsunternehmen in Verbindung setzen, bevor Sie dem
anfragenden Unternehmen Zusagen machen.
·
Kontrollieren
Sie Ihre monatlichen Gehaltsabrechnungen genau. Bei der Vielzahl an
Arbeitnehmern, die Zeitarbeitsunternehmen teilweise beschäftigen, kann es ab
und an zu Buchungsfehlern kommen. Diese werden in der Regel umgehend
korrigiert, Sie müssen sich jedoch bemerkbar machen.
Quelle:
www.karierebibel.de, von Christian
Mueller am 27. April 2012