Dem ersten Satz haftet ein nahezu mythisches
Sexualisierungsfanal an – so als gäbe es hernach keine Höhepunkte mehr.
Im Zeitalter der Globalisierung, der Ad-hoc-Mitteilungen,
der Stehpartys und professionellen Prahlhanserei, ist der Smalltalk alles
andere als ein Privileg der oberen Zehntausend. Eine gekonnte Konversation ist
ein wichtiger Erfolgsschlüssel. Mit dem richtigen Schnack kann man das
sprichwörtliche Eis unter Fremden brechen und einen positiven (ersten) Eindruck
hinterlassen. Wählt man indes die falschen Worte, ist die Chance genauso leicht
verspielt.
Smalltalk ist Plaudern, nicht Präsentieren!
Der erste Satz ist der schwerste. Und klar, zuerst sollte
man sich immer erst selber vorstellen, seinen vollen Namen nennen und
vielleicht noch zwei, drei Sätze zu seinem Beruf (wenn es ein Business-Empfang
ist) sagen. Aber dann?
Wenn manche an Smalltalk denken, dann assoziieren sie
entsprechend die mitreißende Eloquenz und geschliffene Rhetorik eines
Alleinunterhalters. Dabei ist Smalltalk das genaue Gegenteil davon: Es ist die
Kunst des unangestrengten, ebenso amüsanten wie eleganten Geplauders – der
Sprezzatura, wie Smalltalk früher hieß.
Wer etwa dem inneren Zwang erliegt, jedem beweisen zu müssen,
wie kommunikativ er ist, kann nur scheitern. Eine solche Haltung wird immer
unbewusst wahrgenommen und wirkt entsprechend aufdringlich.
Der englische König Charles II. soll einmal gesagt haben:
„Die Kunst guter Konversation bestehe darin, Unsicheren
Sicherheit zu geben.“
Entsprechend dient das lockere Parlieren dazu, sich
unverbindlich auszutauschen, sich besser kennenzulernen, Gemeinsamkeiten zu
betonen und so eine gute Atmosphäre sowie Vertrauen zu schaffen.
Smalltalk ist stets zweckfrei
Smalltalk-TippsKonversation ist die Kunst eine interessante
Geschichte zu erzählen – Storytelling wie es heute auch genannt wird -, sie mit
ein wenig Geist zu garnieren und als Amuse-Gueule anzubieten. Smalltalk ähnelt
in seinem Wesen daher eher guter Bildung: Er versprüht Charme und Charisma,
Witz und Esprit, ist aber völlig zweckfrei.
Weil das leider einige vergessen, führen zwischenmenschliche
Begegnungen bei latent Schüchternen und um Worte verlegenen Menschen regelmäßig
zu einer verkrampften Alertheit, deren Folgen ebenso schaurig schlicht und
flüchtig sind wie weiße Weihnachten im Rheinland:
„Schönes Wetter heute?“
„Sind Sie öfters hier?“
„Und sonst?“
Sollten Sie davon betroffen sein, ist das Folgende sicher
nicht bequem, aber wahr:
Hören Sie auf zu grübeln!
Es mag ein starkes Indiz für einen empathischen Menschen
sein, man kann es aber auch übertreiben. Es allen recht machen zu wollen, führt
in die geistige Sklaverei. Also genießen Sie den Augenblick, Ihre Freiheit –
und die Chance, Ihren Horizont zu erweitern.
Sehen Sie es positiv: Sich nicht in der Vordergrund zu
drängeln, ist eine Tugend, die viele schätzen. Genauso wie zuhören zu können.
Wenn Sie also Sorge haben, anfangs das Falsche zu sagen oder nicht smalltalken
zu können, stellen Sie eben Fragen und gehen auf die Antworten Ihres Gegenübers
ein – es wird Sie dafür mehr schätzen als jeden Draufgänger und Sprücheklopfer.
Smalltalk-Tipps: Nicht Sprüche klopfen – fragen!
Falls es Ihnen schwer fällt, ein spannendes Gespräch zu
initiieren oder an ein bestehendes anzuknüpfen, gibt es einen einfachen Trick:
Zeigen Sie Interesse an Ihrem Gegenüber – idealerweise mit ein paar Fragen! So
gut wie jeder Mensch liebt es, über sich selbst zu sprechen. Klasse, wenn Sie
Ihrem Gegenüber diese Chance eröffnen.
Nur ein Klotz fällt mit der Tür ins Haus. Ein solch lockeres
(Party-)Gespräch hat stattdessen die Beziehung im Fokus, die es zwar so noch
nicht gibt, aber bald schon geben könnte. Es geht beim Smalltalk darum,
Menschen zu verbinden und Gemeinsamkeiten zu finden. Sonst kratzt auch die
spätere Konversation nur an der Oberfläche.
Und Fragen zu stellen, eignet sich sowieso perfekt zum
Anwärmen und Auflockern (ganz besonders, wenn einem nichts Besseres einfällt) –
vorausgesetzt, es sind die richtigen Fragen. Hier ein paar Vorschläge:
Was machen Sie beruflich? Der Klassiker unter allen Smalltalk-Intros,
denn er eröffnet eine Reihe von Anschlussfragen, etwa zum Unternehmen, der
Branche oder der Position, in der Ihr Gegenüber arbeitet. Die Frage ist gut,
allerdings auch ziemlich abgedroschen. Durch Originalität fällt man damit nicht
auf.
Wodurch lassen Sie sich inspirieren? Zweifellos der
originellere Opener. Denn er bringt den anderen dazu, über sich selbst zu
reflektieren – und das inspiriert Sie beide. Die Frage eignet sich daher nicht
nur als Gesprächseinstieg, sondern auch als Diskussionsauftakt in einer bereits
etablierten Gruppe.
Welches Buch lesen Sie gerade? Diese Frage zielt ebenfalls
auf Inspirationsquellen, kann aber auch durch Hobbys oder private Interessen
erweitert werden. In jedem Fall gewinnen Sie so eine Menge Informationen über Ihr
Gegenüber sowie weiteren Gesprächsstoff.
Was haben Sie davor gemacht? Diese Frage können Sie stellen,
nachdem sich der andere ausgiebig vorgestellt hat. Allerdings sollte sie nie so
klingen, als würden Sie sich nicht für seinen aktuellen Job interessieren.
Sonst ist Ihr Gegenüber beleidigt. Ein bisschen über den Werdegang des anderen
herauszufinden, verrät Ihnen viel über seine Profession und seine potenziellen
Erwartungen an Sie.
Und was machen Sie hier? Obacht: Die Frage lässt sich so und
so betonen. In der einen Variante klingt sie nach Verhör. Gemeint ist aber die
zweite: Sie interessieren sich, wie es Ihr Gegenüber auf diese Veranstaltung,
zu diesem Vortrag oder zu der Party verschlagen hat und in welchem Verhältnis
er oder sie zum Veranstalter steht. Spätestens damit haben Sie die erste
Gemeinsamkeit, denn auch Sie kennen den Veranstalter ja irgendwo her.
Wie fanden Sie den Vortrag? Voraussetzung dafür ist
natürlich, dass es eine solche Präsentation gegeben hat. Wichtig ist dann aber,
dass Sie Ihre eigene Meinung nicht gleich herausposaunen. Insbesondere wenn Sie
den Vortrag doof fanden. Sonst verbreiten Sie sofort zu Beginn negative
Stimmung. Und das blockiert. Eine inhaltliche und intellektuelle
Auseinandersetzung mit dem Gesagten betont indes Ihre Gemeinsamkeit als Zuhörer
und schafft neue Gesprächspunkte.
Das sieht wirklich lecker aus! Wo haben Sie das her?
Zugegeben, die Frage ist eher etwas für Mutige und Extrovertierte und für
Partys mit Büffet. Dafür kommt sie meistens extrem gut an, denn in ihrem
humorvollen Kleid steckt Lob: „Sie haben Geschmack!“ Und das bringt Sympathien
ein. Außerdem können Sie sich, nachdem Sie sich dasselbe geholt haben,
dazustellen und mit dem Plaudern beginnen: Entschuldigung, ich habe mich noch
gar nicht vorgestellt: Mein Name ist…
Möchten Sie etwas trinken? Der ideale Einstieg für jemanden,
der noch einsam und allein an einem Tisch steht. Sie beweisen so nicht nur
Aufmerksamkeit und gute Manieren, sondern schaffen zugleich ein
Reziprozitäts-Verhältnis, das zu Ihren Gunsten spielt. Alternativ: „Soll ich
Ihnen etwas von der Bar mitbringen?“ Falls Sie einer attraktiven Frau begegnen
und mit ihr auf diese Weise ins Gespräch kommen wollen, empfiehlt sich jedoch
die Gentleman-Variante: Bringen Sie ihr den Drink direkt mit. Vorher aber bitte
ihre Vorlieben ausspähen!
Auch das ist ein bisschen wie beim Flirten. Nur eben weniger
absichtsvoll, solange es Smalltalk bleibt.
Überhaupt hat Fragen stellen und zuhören zahlreiche
Vorteile…
11 Smalltalk-Tipps
Noch einmal zusammengefasst: Darum geht es beim lockeren
Parlieren…
Hohe Erwartungen vermeiden. Smalltalk ist keine
tiefschürfende Konversation, sondern zwangloses Sprechen – seien Sie nicht zu
streng mit sich. Echte Gespräche entstehen höchstens hinterher daraus.
Den Anfang machen. Betretenes Schweigen entsteht häufig nur
dadurch, dass sich keiner traut, als erster zu sprechen. Nehmen Sie sich ein
Herz und durchbrechen Sie die Schallmauer!
Passenden Einstieg wählen. Hierfür stehen Ihnen zahlreiche
Möglichkeiten offen. Was fast immer geht, ist ein Plausch über die gerade
stattfindende Situation oder Themen aus den Massenmedien.
Ruhig Belangloses ansprechen. Sicherlich gibt es spannendere
Themen als das Wetter. Wenn sich jedoch gerade nichts anderes anbietet, dann
sprechen Sie lieber über Offensichtliches als gar nicht.
Kritische Themen auslassen. Smalltalk soll keine
erschreckenden Erkenntnisse liefern, sondern Spaß machen. Tod, Sex, Krankheit,
Politik, Geld, Religion und Gerüchte (sowie mitunter eklige Kombinationen
daraus) sind tabu.
Pausen schaden nicht. Im Gespräch mit Fremden entstehen
immer Pausen, die sich unangenehm anfühlen, aber normal sind. Nutzen Sie die
Zeit, um das bisher Gesagte durchzugehen und interessante Fragen zu finden!
Mimik gezielt einsetzen. Auch wenn Ihr Gesprächspartner ein
Stinkstiefel ist – ein nettes Lächeln während des Smalltalks bringt Sie nicht
um und schafft eine freundliche Atmosphäre. Auch deutliches und selbstbewusstes
Sprechen ist wichtig!
Auf Gesprächspartner eingehen. Sie können nur die richtigen
Fragen stellen, wenn Sie konzentriert und interessiert zuhören. Beachten Sie
auch die Körpersprache Ihres Gegenübers; so sammeln Sie weitere Infos über
dessen Befinden.
Besserwisser sind unsympathisch. Wir nehmen Ratschläge nur
von Menschen an, die wir mögen oder deren Kompetenz wir respektieren. Beim ersten
Plausch fehlt beides. Also weg mit dem erhobenen Zeigefinger.
Übung ist alles. Wie alle sozialen Vorgänge ist Smalltalk
fast reine Übungssache. Wenn Sie ihn in unverfänglichen Situationen üben, sind
Sie für den Ernstfall gewappnet!
Smarten Ausstieg finden. Wer sich nach den ersten sieben
Sätzen ruckartig umdreht und davonrennt, hinterlässt möglicherweise bleibenden
Eindruck – allerdings keinen sonderlich positiven.
Apropos Gespräch beenden…
Nicht immer hat man das Glück, einen geistreichen Gesprächspartner
zu finden. Dann wird Plaudern zur Qual und die Suche nach einem
Helden-Notausgang unumgänglich. Dennoch tun sich viele damit schwer. Entweder,
weil sie versuchen höflich zu bleiben oder weil sie Angst vor den Konsequenzen
haben: Schließlich könnte der andere den sermon interruptus persönlich und dazu
übel nehmen. Und man begegnet sich bekanntlich immer zweimal im Leben…
Natürlich wäre es weder nett, noch zeugt es von
Kultiviertheit, den anderen spüren zu lassen, was für Konversationsvakuum er
darstellt und dass man lieber eine Wurzelbehandlung beim Zahnarzt hätte, als
sich mit ihm weiter zu unterhalten.
Muss man aber auch nicht. Egal, in welcher Situation Sie
stecken – es gibt gewandtere Ausstiege. Diese:
Entschuldigen.
Die einfachste Methode ist noch immer die beste:
Entschuldigen Sie sich, dass Sie gerne auch noch mit anderen Gästen plaudern
würden. Natürlich nicht gleich nach den ersten 30 Sekunden. Ein, zwei Takte
sollten Sie mit Ihrem Gegenüber schon aushalten. Wichtig ist nur: Verzichten
Sie auf jedwede Begründung. Die wirkt immer wie ein Schuldbekenntnis. Besser:
Nennen Sie einen konkreten Namen mit wem Sie noch reden wollen.
Versprechen.
Wenn Sie nicht
möchten, dass Ihr Abgang allzu abrupt ausfällt, können Sie demjenigen auch ein
Versprechen geben, etwa: „Ich würde mich freuen, wenn wir in Kontakt blieben.
Wenn Sie mir Ihre Karte geben, melde ich mich bei Ihnen…“ Natürlich sollten Sie
das dann auch tun. Andernfalls sind Sie wortbrüchig und Ihr Gegenüber wird die
Geste im Nachhinein (zurecht) als Abbügelei interpretieren. Die Alternative
ist, dem anderen Ihre Karte zu geben und ihm vorzuschlagen, er möge sich
melden. Im Zweifel haben Sie später eben gerade keine Zeit.
Vorstellen.
Noch eleganter können Sie sich aus der Affäre stehlen, indem
Sie Ihrem Gegenüber einen alternativen Gesprächspartner vorstellen und beide
miteinander bekannt machen. Charmanterweise ist das nicht irgendwer (sonst wird
der sich anschließend bei Ihnen bedanken), sondern jemand, von dem Sie glauben
(oder wissen), dass er mit Ihrem bisherigen Gesprächsgenossen harmoniert.
Womöglich, weil beide ein gemeinsames Interesse haben.
Retten.
Für Schauspieltalente eignet sich die Methode
Überraschungsgast: Merken Sie unvermittelt auf und stellen Sie auf
dramaturgisch hohem Niveau fest, dass gerade jemand gekommen ist, mit dem Sie
unbedingt sprechen müssen – „eine wirklich wichtige Sache…“. Bitten Sie um
Verständnis und weg sind Sie. Nicht gerade eine 6,0 in Sachen Höflichkeit, aber
wenigstens ein guter Grund. Für Gentleman mit weiblicher Begleitung gibt es
zudem die Variante Held: „Ich sehe gerade, meine Partnerin/Freundin/Frau steckt
in Schwierigkeiten. Bitte entschuldigen Sie mich, Sie gab mir ein Signal, sie
aus der Situation zu retten…“
Irritieren.
Nur weil Sie ausgerechnet an einen vielsagenden
Profilneurotiker geraten sind, heißt das noch lange nicht, dass Sie keinen Spaß
mit ihm haben dürfen. Verunsichern Sie ihn, indem Sie ihn immer wieder
unterbrechen, um gleich darauf völlig aus der Luft gegriffene Anekdoten zu
erzählen, Motto: „Das erinnert mich an meinen letzten Mallorca-Urlaub…“ Oder
stellen Sie regelmäßig Rückfragen bei denen Sie ihn kategorisch missverstehen.
Schon bald wird er derjenige sein, der das Gespräch nur allzu gerne beenden
wird.
Thema wechseln.
Gut, der Typ ist langweilig und hat Superkleber zwischen den
Zähnen. Dann wechseln Sie das Thema! Und zwar möglichst hörbar zu einem Inhalt,
der Ihre Nachbarn interessieren könnte. Wenn Sie Glück haben, beteiligen sich
an dem Gespräch schon bald Leute in Ihrer Nähe, denen Sie sich daraufhin
intensiver widmen können.
Zirkulieren.
Wenn nichts davon klappt, hilft entwaffnende Ehrlichkeit.
Sollten Sie an einen Zeitgenossen mit Maulsperre geraten, dann suchen Sie nicht
länger Worte, sondern das Weite. Prosten Sie ihm zu und sagen Sie: „Ich glaube,
es wird von uns erwartet, dass wir auf dieser Party zirkulieren.“ Und tschüss!
Quelle: www.karrierebibel.de von Jochen Mai am 28. Oktober
2011