Die Passagiere saßen still da, manche lasen Zeitung, andere
waren in Gedanken versunken, einige
hatten die Augen geschlossen und ruhten sich aus. Es war eine ruhige,
friedliche Szene. Dann stieg ein Mann mit seinen Kindern ein. Die Kleinen waren
laut und ungestüm, die ganze Stimmung änderte sich abrupt. Der Mann setzte sich
neben mich und machte die Augen zu. Er nahm die Situation offenbar überhaupt
nicht wahr. Die Kinder schrien herum, warfen Sachen hin und her, zerrten sogar
an den Zeitungen der anderen Fahrgäste. Sie waren sehr störend. Aber der Mann
neben mir unternahm nichts. Es war schwierig, nicht davon irritiert zu sein.
Ich konnte nicht fassen, dass er so teilnahmslos war, dass er seine Kinder
dermaßen herumtoben ließ und nichts dagegen tat, überhaupt keine Verantwortung übernahm.
Es war deutlich, dass sich auch alle anderen in der U-Bahn ärgerten.
Mit, aus meiner
Sicht, ungewöhnlicher Geduld und Zurückhaltung sprach ich ihn
schließlich an: „Ihre Kinder stören wirklich sehr viele Leute hier. Könnten sie
sie nicht vielleicht etwas mehr unter Kontrolle bringen?“ Der Mann hob die
Augen, als ob er sich zum ersten Mal der Situation bewusst wurde, und sagte
leise: „Oh. Sie haben Recht, ich sollte etwas dagegen tun. Wir kommen gerade
aus dem Krankenhaus, wo ihre Mutter vor einer Stunde gestorben ist. Ich weiß
nicht, was ich denken soll und die Kinder haben vermutlich auch keine Ahnung, wie
sie damit umgehen sollen.“
Können sie sich vorstellen, was ich in dem Augenblick empfand?
Mein Paradigma wechselte. Plötzlich sah ich die Dinge anders.
Quelle www.borderline-beratung.com
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