Er heißt Joe, und ich bekomme Wasser zu trinken aus seiner
Flasche. Damit verliere ich das Spiel – scheinbar.
Das macht man nicht!
Waren Sie schon mal in einer Situation, in der Sie gern nach
etwas gefragt hätten, es aber gar nicht erst versucht hatten? Denn: So etwas
macht man nicht. Nach so etwas fragt man nicht. Und: Es wird ja eh nichts.
Hier kommt das „Zurückweisungs-Spiel“ – proaktives Suchen
nach einer Möglichkeit, zurückgewiesen zu werden. Das Spiel kommt ursprünglich
aus den USA und hat dort viele Anhänger gefunden. Wer einmal pro Tag
zurückgewiesen wird, hat an diesem Tag gewonnen. Rejection Game zielt auf
ungewohnte Situationen ab: Nach etwas fragen, was man gern haben will oder
wirklich braucht, aber normalerweise nicht erfragt. Dreht man die Einstellung
zu diesen Situationen um, wird aus unangenehmen Umständen eine Spielaufgabe.
Und die Spielregeln sind denkbar einfach:
1. Sie tun etwas, was man normalerweise nicht tut, z. B.
fragen bzw. bitten Sie jemandem um etwas. Wenn Sie eine Zurückweisung bekommen
haben, haben Sie gewonnen.
2. Oder Sie tun etwas, was Sie sonst nicht tun, zum Beispiel
in der Öffentlichkeit laut singen, als wären Sie allein im Auto, oder Yoga
machen an der Bushaltestelle.
In jedem Fall sind Sie ein Sieger, wenn Sie einmal täglich
aus Ihrer gewohnten Komfortzone rauskommen, indem Sie etwas tun, was „man nicht
tut“.
Rejection Game ist nichts für schwache Nerven und es ist nur
etwas für Sie, wenn Sie mit der Ablehnung konstruktiv umgehen können. Aus
meinen eigenen Erfahrungen und denen meiner Freunde und Bekannten, die aktiv
nach einer Zurückweisung jagen, weiß ich: Sie dürfen nicht lange überlegen, was
Sie wollen. Planen Sie nicht zu viel. Wenn Sie irgendwo sind und spontan einen
Wunsch haben, fragen Sie sofort nach! Und falls Sie dann in der Öffentlichkeit
zurückgewiesen werden, muss Ihnen das gar nicht peinlich sein – reißen Sie die
Arme hoch und sagen Sie: „Ich habe das Rejection Game gewonnen!“, oder grinsen
Sie sich eins.
Beispiele:
Fragen Sie einen Fremden auf der Straße, ob er sich mit
Ihnen fotografieren lässt. Versuchen Sie, sich mit völlig unbekannten Personen
bei LinkedIn oder Xing zu vernetzen. Oder bei Facebook. Yoga im Stadtpark?
Jonglieren üben im Büro? Klopfen Sie beim Nachbarn und fragen Sie, ob Sie bei
ihm Fußball gucken können. Fragen Sie einen Kollegen, ob er den Urlaub mit
Ihnen tauscht. Oder ob der Kollege Ihnen Kaffee bringen würde. Fragen Sie im
Restaurant nach einem Gericht, das nicht auf der Karte steht, oder nach einem
Nachtisch for free. Fragen Sie einen Unbekannten nach seiner Visitenkarte. Eine
Ihnen bekannt erscheinende Person nach einem Autogramm. Oder eine hübsche
Unbekannte nach ihrer Telefonnummer ;-) . Klingelt es?
Nein tut gut!
Ein Nein hört niemand gern. Es fühlt sich seltsam an,
zurückgewiesen zu werden. Und darum fragen wir möglichst selten nach etwas,
wenn wir ein Nein erwarten.
Aber was passiert, wenn wir aktiv nach einer Zurückweisung
jagen?
Zum einen vergrößern wir damit (täglich!) unsere
Komfortzone. Wir tun regelmäßig etwas, was ungewohnt ist, und nach und nach
trauen wir uns, größere Schritte zu machen. Frecher zu sein. Leichtfüßiger und
lässiger nach etwas zu fragen. Denn hier ist parallel zu der Komfortzone noch
etwas anderes gewachsen: unser Selbstbewusstsein! Im ersten Moment kann es
sein, dass Sie unter der Zurückweisung leiden. Doch da ist die Möglichkeit, das
Ganze spielerisch zu betrachten und sich zu sagen: Es ist nicht schlimm, dass
meine Bitte zurückgewiesen wurde. Ich habe nicht das bekommen, wonach ich
gefragt habe, aber ich habe mir selbst meinen Mut bewiesen, etwas Ungewohntes
zu tun. Und ich habe das Spiel für heute gewonnen :-) . Durch das Spielerische
im Fragen leidet unser Selbst weniger unter der Zurückweisung, da wir es nicht
mehr persönlich nehmen. Es ist eben nur ein Spiel. Sollten wir unerwartet das
Spiel verloren und ein „Ja“ bekommen haben, freut sich das Selbstbewusstsein,
denn wir fühlen, dass wir es wert sind, tolle Dinge in unserem Leben zu
erhalten.
Aus psychologischer Sicht ist dies eine Art
Verhaltenstherapie, bei der man nach und nach mutiger wird und Zuversicht
gewinnt. Durch das proaktive Anstreben der Ablehnung wird das Negative positiv,
man bringt „das Schlimmste“ spielerisch hinter sich. Hilfreich ist es, wenn Sie
jemanden aus Ihrem Bekannten- oder Freundeskreis mit einweihen und zusammen auf
Siegeszug gehen. Wer traut sich zuerst? Wer bekommt unerwartet, wonach er
fragt? Denken Sie nicht zu viel, erleben Sie die Welt mit neuen Augen. Wenn
jemand Sie nach etwas fragt, was er oder sie wirklich braucht, spielen Sie das
Rejection Game andersrum – gönnen Sie dem Gegenüber einen Sieg, indem Sie
„Nein“ sagen? Oder erfüllen Sie diesem Menschen seinen Herzenswunsch? Vergessen
Sie nicht: Es ist keine Pflicht, Sie müssen sich nicht unter Druck setzen. Sie
bekommen mit dem Rejection Game lediglich eine neue Möglichkeit für das
persönliche Wachstum und ein neuartiges Spiel an die Hand. Erfolg haben Sie in
jedem Fall – entweder, weil Sie bekommen, wonach Sie fragen, oder weil Sie das
Spiel gewinnen.
Halten Sie durch!
Das Ganze funktioniert am besten, wenn man das Spiel über
längere Zeit durchzieht. Als ich damit vor ein paar Monaten angefangen habe,
habe ich eine Strichliste in meinem Kalender geführt. Die Gesetze der
Verhaltensmusteränderung: Tun Sie mindestens 21 Tage nacheinander etwas Neues,
damit es „normal“ wird und in die Automatismen übernommen wird.
Kurz etwas anderes:
Sind belastende Situationen oder Gefühle ein Thema für Sie? Dann ist
vielleicht unser Projekt Belastendes loslassen einen Blick wert. )
Wer sich nicht gleich mit dem Ansprechen traut, kann mit
kleinen Taten, „die man nicht tut“, beginnen: verschiedenfarbige Socken
anziehen. Mal auf der anderen Bettseite schlafen. Zähne mit der anderen Hand
putzen – mit anderen Worten, seinem eigenen eingefahrenen Verhalten NEIN sagen.
Dieses auch mindestens drei Wochen am Stück. Dann raus in die Menschenmenge und
mehr „seltsame“, nicht in die Verhaltensmuster passende Dinge tun.
Was würden Sie gern machen?
Wissen Sie, dass das Universum voller Überfluss ist? Dass es
überall Dinge und Sachen gibt, die nicht abgerufen werden, weil keiner danach
fragt? Ich habe zum Beispiel drei Monate lang kostenloses Mentoring von einer
ganz wunderbaren Frau erhalten, und kostenlos bekam ich es, weil ich diese
Frage im Zuge des Rejection Game gestellt habe. Seither frage ich immer nach
etwas, wenn ich eine Idee im Kopf habe und eine Gelegenheit sehe, diese Idee zu
verwirklichen, und es hat mich sowohl beruflich als auch privat immens nach
vorne bewegt.
Wenn Sie bereit sind, dieses Experiment zu wagen, fangen Sie
heute noch an. Sie haben nichts zu verlieren, aber eine Menge zu gewinnen!
Schreiben Sie auf, wie Ihr Selbstbewusstsein heute so ist
und wie mulmig es in Ihrem Bauch vor der ersten Runde Rejection Game ist. Legen
Sie diese Notizen für 30 Tage unter die Matratze (oder woandershin).
Starten Sie nun das Rejection Game. Runde für Runde, Tag für
Tag. Aufgabe für Aufgabe. Mal ein Nein (hurra, Spiel gewonnen!), mal ein Ja
(hm, Spiel verloren, aber dafür was anderes gewonnen!). Wetten, Sie sind ein
ganz anderer Mensch, wenn Sie 30 Tage proaktiv nach einer Zurückweisung gefragt
haben?
Wenn Sie Lust haben, starten Sie noch heute! Alles, was Sie
dafür brauchen, ist eine erste Idee für die erste Zurückweisung. Wenn Sie
möchten, dann können Sie ja gleich mal über die Kommentarfunktion mit den
anderen Lesern teilen, was Sie als Erstes machen werden und welche Erfahrungen
Sie mit dem Rejection Game machen.
Quelle: www.zeitzuleben.de im Nov. 2013 von Nadja
Petranovskaja